Nine

Verfasst am 01. Dezember 2015 von Michael Klein (Kategorie: Band Of The Month, Interviews, Regionale Bands) — 2.721 views

Kurz bevor das Jahr zu Ende geht, geht der Titel der Band des Monats an Nine! Auch wenn „Dark Matter Isolation“ nun bereits einige Monate alt ist – das Debüt der Band hat bis heute nichts an Reiz verloren. Weswegen dieses Interview längst überfällig war (es hat einfach nur nicht schneller geklappt). Wir sprachen mit Simon, Sänger und Gitarrist der Band über das Debüt „Dark Matter Isolation“.
12002617_970719289616634_7590692275786789448_o - Kopie

Metal-Aschaffenburg: Hi Simon! „Dark Matter Isolation“ ist nun schon ein paar Monate alt. Gefällt es dir noch?

Simon: Ja, aber je mehr ich die CD höre, desto mehr denke ich: Da könnte noch mehr gehen. Aber ich weiß auch, dass wir in den zwei Studio-Wochen nicht mehr geschafft hätten.

Es ist ja auch gut, dass du nicht jetzt schon sagt: Das war’s, besser geht’s nicht!

Ja, die Inspirationen, was man hätte besser machen können, hebe ich mir dann fürs zweite Album auf.

Etliche der auf „Dark Matter Isolation“ enthaltenen Songs kannte man schon von euren Live-Gigs. Habt ihr denn an den Stücken im Studio noch etwas geändert?

Steamer“ haben wir bestimmt 20-mal abgeändert, bis er jetzt so ist, wie er ist. Das war aber VOR dem Studiobesuch. Im Maarweg-Studio haben wir nicht mehr viel verändert. Eigentlich nur die Gitarren. Dort gab es nämlich noch mal ganz andere Möglichkeiten, was z. B. Gitarren-Amps betrifft.

Unsere Vorstellung war, dass wir im Studio ungefähr 10 Stunden am Tag aufnehmen. Daraus wurden am Ende dann aber 15 Stunden am Tag. Und dazu haben wir dann noch Nachtschichten ohne unseren Produzent eingelegt. Dort haben wir uns dann z. B. noch ans Klavier gesetzt.

Letztendlich war an den Songs aber nicht mehr viel zu machen. Das wollten wir auch nicht. Es war ja ein Ziel, dass die Songs noch dreckig und unberührt klingen. Wir hatten auch Takes, auf denen z. B. die Saiten der Gitarre nicht richtig getroffen wurden. Aber das ist doch auch ganz geil. Genau diesen „Rotz“ will man doch auch haben. Deswegen haben wir auch komplett analog aufgenommen.

Warum hat eigentlich „Montabaur“ auf der CD einen Text und live bisher nicht?

Montabaur“ hatte auch vorher schon einen Text. Das Problem war aber, dass es sehr schwer war, den Gesang über die Gitarrenriffs zu singen und der Song mit dem vorherigen Text auch viel zu überladen klang. Man hörte dann kaum noch die Riffs.

Den neuen Text haben wir uns ungefähr eine Woche vor dem Studiotermin überlegt. Die Wörter sind größtenteils irgendwelche Insider-Sachen.

Was echt gruselig war: Genau in dem Moment, in dem wir „Montabaur“ aufgenommen haben, ist dieses Germanwings-Unglück passiert. Und der Pilot kam aus Montabaur. Das war schon irgendwie krass.

Wie zufrieden seid ihr denn bisher mit den Reaktionen zum Album?

Wir haben von Anfang an gesagt, dass wir keinerlei Erwartungen an das Album haben. Aus kommerzieller Sicht würde ich sagen, dass „Dark Matter Isolation“ überhaupt nicht ins Ohr geht. Wenn man damit Geld machen wollte, dann hätten wir erst gar nicht damit anfangen dürfen. Wir wollten von Anfang an alles so machen, wie wir das wollen – scheißegal, ob es noch anderen gefällt.

Wir haben am Anfang auch versucht uns bei einem Label zu bewerben, was nicht geklappt hat. Ich sehe das auch völlig entspannt. Es tut uns nicht weh, zuerst mal alles aus eigener Tasche zu bezahlen. Es macht auch mehr Spaß, wenn man nicht den Druck hat, dass es irgendwem gefallen muss.


„Wenn man damit Geld machen wollte, dann hätten wir erst gar nicht damit anfangen dürfen.“


Dass es vielen Leuten gefällt, hat man ja auch beim Release-Konzert im Colos-Saal gesehen. Sehr cool war die Aktion, Alex von Precipitation mit auf die Bühne zu holen. Genau so stellt man ich doch eine Vernetzung der Szene vor.

Ja, als wir Precipitation getroffen haben, war das von Anfang an ein lockeres Ding. Die sind einfach super bodenständig und locker. Das sind Leute, die sind wie sie sind und sich nicht für andere verstellen. Die machen ihre Musik ebenfalls aus Spaß, nicht aus einem Ehrgeiz heraus oder um jemanden zu beeindrucken.

Die Band erfüllt auch kein Klischee. Da ist in der Mitte von einem Song auf einmal etwas, das an Alice In Chains erinnert. Dann Tool und und und. Das ist genial!

Klischees erfüllt ihr bei Nine auch keine. Einerseits hört man bei euch harte Riffs, andererseits so verträumte Melodien wie z. B. in „Australasia“. Dieser Dreiteiler hat für mich diesen typischen, verspielten Scale-The-Summit-Anstrich. Eine Band, die du dir unbedingt mal anhören solltest. Sie sind während deiner Reise nach Australien entstanden, richtig?

Der erste Teil, ja. Als ich den Song schrieb, bin ich stundenlang mit dem Bus am Strand entlang gefahren und hatte nicht mal eine Gitarre zur Verfügung. Die drei verwendeten Akkorde werden heute sehr oft im elektronischen Bereich genutzt. Weil das Stück langsam ist, haben sie sehr viel Platz. So kann man wunderschön Gitarren aufbauen.

Nine LogoGehst du denn eher technisch ans Songwriting?

Hm. Ich schreibe Songs eher nach solchen Inspirationen. Das kann auch ein Science-Fiction-Film sein. Also eher nach einem Gefühl. Ein Gefühl kann ja auch in Moll oder in Dur sein.

Wenn ich in der Natur bin, fällt es mir auf jeden Fall einfacher, etwas zu schreiben. Der Kopf ist dann freier. Aber letztendlich ist es egal. Man braucht nur eine gute Idee!

Eine, die dann idealerweise nicht schon jemand vorher hatte…

Ja. Aber es gibt eben nur 12 Noten und das was man daraus macht, hat man meistens schon mal irgendwo vorher gehört. Auch bei uns merkt man ja, dass die Inspiration z. B. von Bands wie Tool kommt. Das gebe ich auch gern zu. Für mich sind das nach wie vor geile Ideen. Natürlich versuchen wir einen eigenen Sound zu kreieren, aber das Rad ist halt schon erfunden.

Bei manchen Akkorden von uns würden sich Prog-Rocker die Haare raufen. Bei „Monstrance“ z. B. ist es wirklich extrem. Die Solos dort sind wirklich schief. Dort habe ich versucht, so wenige Töne wie möglich zu nehmen. Da brauchst du auch nicht viel; für ein Shred-Solo. Dafür haut Marco dann lieber mal was Geiles rein.

Aber wir wollen, dass es so dreckig klingt.

Wie muss man denn den Titel „Dark Matter Isolation“ verstehen?

Dunkle Materie ist etwas, das man nicht isolieren kann. Sie verschlingt alles. Es gab dem einen oder anderen Moment in meinem Leben, in denen ich dachte, mir zieht es den Boden unter Füßen weg. Ich hatte versucht diese Momente so gut wie möglich zu isolieren und es hat einfach nicht funktioniert. Ich musste dann einfach weg. Ins Ausland, musste die Reißleine ziehen. In dieser Zeit ist auch das Riff von „Steamer“ entstanden.

Ich hatte überlegt, ob man den Titel auch als Metapher verstehen kann für diverse Institutionen, die einem verschiedene Art von Energie entziehen. z. B. die Kirche in „Monstrance“. „Shit In Your Shelter“ passt zur (Flüchtlings)Politik…

Damit hat es in der Tat gar nichts zu tun. Man kann das Album aber schon ein wenig als Konzeptalbum sehen. Auch wenn das nicht bewusst so gedacht ist. In „Shit In Your Shelter“ geht es um so genannte Arcologies. Das sind Gebäude, in denen man lebt, arbeitet und sogar Urlaub macht. So etwas gibt es in China schon. Gebäude, in denen man sein ganzes Leben verbringt. Oftmals habe ich das Gefühl, wenn ich hier im Dorf bzw. in einer bestimmten Gegend lebe und arbeite, dass sich auch mein ganzes Leben wie in einer Kugel abspielt und es sehr schwer ist, daraus auszubrechen.

Anhang-1Das Artwork von „Dark Matter Isolation“ ist richtig stark geworden. Ihr hattet ja die Original-Gemälde bei der CD-Release-Party dabei – und ich muss sagen, dass sie im Original sogar NOCH besser aussehen als ohnehin schon.

Das Albumcover stellt einen Quasar dar, der spiralförmig von einem schwarzen Loch absorbiert wird. Genau so ist auch das Album aufgebaut.

Die Bilder sind von der Freundin meines Bruders. Ich hatte sie damals in Neuseeland kennen gelernt und war beeindruckt davon, wie sie ursprünglich schöne Dinge so dunkel malte. Ihre Bilder sind zwar düster, strahlen immer noch Schönheit aus. Das finde ich sehr faszinierend.

Wir lieben auch Science-Fiction-Filme, bei denen die Welt am Abgrund ist. Weil auch das eine gewisse Schönheit hat.

Genau, dort geht es ja auch oft primär um die Hoffnung – um das was man nach dem Zusammenbruch wieder aufbauen kann.

Danke für das Interview!

 

Text: (mk)
Livefoto: (Matthias Staudt)

 

www.Facebook.com/BandNine

Tags:

Hinterlasse eine Antwort

*