Fanzine Special – Pt. II

Verfasst am 01. September 2012 von Michael Klein (Kategorie: Band Of The Month, Interviews) — 3.490 views

Fan-tastische Magazine

Statt einer Band des Monats findet ihr diesmal etwas Anderes in dieser Rubrik.

Vor einiger Zeit unterhielten wir uns bereits mit Arno vom „Totentanz“, Marco vom „From The Underground“ und Denis vom „WayUp“ und porträtierten damit drei großartige Fanzines aus unserer unmittelbaren Umgebung.
Diese Drei sind aber bei Weitem nicht alles, was unsere Region an Fanzine-Kult(ur) zu bieten hat. Im hessischen Groß Umstadt/Höchst werden die nicht minder wundervollen „Hammerheart“ und „Streetcleaner“ regelmäßig zur Welt gebracht. Und da wir euch diese beiden Hefte nicht vorenthalten wollen, folgt hier quasi der Nachschlag zum Special vom 27.10.2010.
Wir unterhielten uns dazu mit Chris vom Hammerheart und Wolle vom Streetcleaner.

 

Metal-Aschaffenburg: Chris, Wolle. Wie kommt man denn überhaupt auf die Idee, ein Fanzine zu gründen? Gerade in einer Zeit, wo doch jeder zu jeder Zeit alle möglichen Interviews und Berichte im Internet nachlesen kann…

Chris: Mich hatte das Interesse an Fanzines schon vor Aufkommen der ganzen heutigen Webzine-Welle gepackt, von daher gibt es für mich in dieser Hinsicht auch keine Alternative. Ich habe zu Beginn neben meiner Tätigkeit beim Streetcleaner versucht, unsere Website www.AdNoctum.de als Webzine aufzubauen, aber doch recht schnell das Interesse daran verloren. Für mich war es schon immer reizvoller, beim Streetcleaner mitzumischen, als mich dem Webzine hinzugeben, weil man bei einem Fanzine einfach noch ganz andere Möglichkeiten hat, Interviews und Berichte layouttechnisch hervorzuheben.

Wolle: Dieses Heft gibt es schon einige Jahre. Ich bin mit der Musik groß geworden und dachte, da möchte ich irgendwie dazu gehören. Daher habe ich irgendwann mal vor 20 Jahren mit ein paar Hefte für Freunde (kostenlos) mit Schere und Uhu angefangen. So ein Heft kann man eben auch mal aufs Klo mitnehmen, den PC oder Laptop nicht wirklich, oder?

Chris: Ein Webzine kann ein gedrucktes Printheft meiner Ansicht nach nicht ersetzen, sondern stellt für mich immer nur eine Ergänzung dar, um Werbung fürs Heft zu machen und gelegentlich Berichte online zu stellen, die es aus Zeit- oder Platzgründen nicht ins Heft geschafft haben. Abgesehen davon gehöre ich zu den Leuten, die keine längeren Berichte oder Interviews am Bildschirm lesen wollen, da ist es doch viel angenehmer, in Ruhe in einem Heft zu stöbern. Deine Augen werden es Dir womöglich später mal danken, haha.

Seit wann gibt es denn eure Hefte?

Wolle: Ach, das Streetcleaner Zine gibt es seit über 20 Jahren. Wie gesagt am Anfang nur für Freunde und es hörte mal auf den Namen Satan’s Gift.

Chris: Das Hammerheart wurde 2006 ins Leben gerufen, als ich entschieden hatte, meine Mitarbeit beim Streetcleaner Zine zu reduzieren und dafür mein eigenes Fanzine ins Leben zu rufen. Ich habe über die Jahre beim Streetcleaner gemerkt, dass ich besser mit dem gesamten Arbeitsaufwand, der bei einem Printzine nun mal anfällt, klarkomme, wenn ich mein eigener Boss bin und mir die Arbeit selber einteilen kann.

Arbeitsaufwand. Ein gutes Stichwort. Wie muss man sich die Erstellung des Magazins vorstellen? Welche Arbeiten fallen dabei an? Welche Unterstützung hast du bei der Erstellung der Ausgaben? Wo lässt du das Heft drucken?

Chris: Tja, da fällt schon ein Haufen an Arbeit an, den ich ohne meine fleißigen Schreiberlinge Thor, Katja & Rayk und Micha als Gastschreiber gar nicht alleine bewältigen könnte, bzw. auch nicht wollte. Da das Hammerheart wie erwähnt nur einmal im Jahr erscheint, hat jeder das Jahr über lange genug Zeit, sich seine Bands für Interviews herauszusuchen und sich auf eben jene Bands zu konzentrieren. Von meiner Seite werden dann auch immer noch Promo-CDs aufgeteilt und an die jeweils passendsten Rezensenten verschickt, auch hier ergeben sich ab und zu Kandidaten für Interviews, obwohl eigentlich jeder auf sich alleine gestellt nach Interviewkandidaten sucht. Ich setze bei jedem Schreiberling voraus, dass er mir seine Interviews und Berichte mundgerecht vorlegen kann und ich keine Zeit mehr mit zeitraubendem Korrekturlesen usw. verschwenden muss und mich gleich ans Layout machen kann. Das klappt zum Glück alles reibungslos, weil ich mich auf meine Schreiberlinge blind verlassen kann – ich sehe es auch als Vorteil an, dass die Redaktion „überschaubar“ ist und bleibt, denn zu viele Köche versauen auch gerne mal den Brei. Nachdem dann alle Berichte pünktlich zu einem erwünschten Termin abgegeben wurden, mache ich mich ans Layout und nehme mir hierfür in der Regel auch richtig Urlaub, um dann das Heft in aller Ruhe fertig stellen zu können. Ich layoute bevorzugt nachts, weil ich dann meine Ruhe habe und auch eindringlich der jeweiligen Band lauschen kann, deren Interview ich gerade layoute. Wenn alles fertig ist, werden für die Druckerei die finalen PDF-Daten zusammengestellt und dann heißt es abwarten, bis das Probeheft eintrudelt und man dieses sorgsam begutachten muss. Das Heft wird anschließend in der Druckerei Schütze in Wolkenstein im Offset-Verfahren gedruckt. Und dann ist man längst noch nicht erlöst, denn wenn erst mal die fertigen Hefte eingetrudelt sind, muss man diese an alle wichtigen Adressen versenden, Werbung machen usw…

Wolle: Man muss die Berichte alle (mal abgesehen von den Mitarbeitern, die man zum Glück hat) schreiben und übersetzen. Dann die Bilder suchen, die man dazu braucht (am besten sind natürlich dann Live-Bilder, die man selbst gemacht hat). Dann kommen einige Stunden für das Layout und dann geht es ab zum Drucken (nach der ersten, zweiten Fehlersuche).

Gibt es beim Hammerheart spezielle thematische Schwerpunkte?

Chris: Eigentlich nicht. Mir persönlich ist in allererster Linie wichtig, dass es sich um tiefgründige und originelle Musik handelt. Ich möchte keine 08/15-Bands im Heft haben, dafür ist mir der Platz zu schade und der Arbeitsaufwand zu hoch. Ich finde es viel interessanter, die Highlights, die im Laufe eines Jahres anfallen, der Leserschaft vorzustellen. Natürlich ist das rein subjektiv, aber bisher haben wir von verschiedenen Seiten viel Zuspruch erhalten. Letztlich ist das Fanzine für mich dann auch so eine Art „Tagebuch“, da ich Jahre später noch ganz einfach nachvollziehen kann, welche Bands mich zur damaligen Zeit tief beeindruckt haben. Da mein Musikgeschmack recht breit gefächert ist, kommt es also auch in jeder Ausgabe vor, dass sehr unterschiedliche Bands zu Wort kommen. Es muss auch nicht immer nur zwingend Metal sein – Hauptsache, die Einstellung der Band stimmt und handwerkliches Können ist vorhanden, schon kann sie mein Interesse geweckt haben. Jüngstes Beispiel hierfür ist das Interview mit The Moon And The Nightspirit, welches in der aktuellen Ausgabe 6 zu finden ist.

Und wie seiht es beim Streetcleaner aus?

Wolle: Im Streetcleaner gibt es alles, von allen Metal Stilarten bis hin zur Brettspiele-Review. Bin da immer sehr offen für gute Ideen. Gern auch mal was, was nicht nur mit Metal zu tun hat. Ist aber nicht immer einfach was zu finden, was nicht in irgendeinem anderen Heft schon zu finden ist.

Gab es bisher schon ein besonderes/persönliches Highlight/eine Story, an die man sich besonders gerne erinnert?

Wolle: Ach, kann man schwer sagen. Eigentlich ist man am Ende, wenn ein Heft fertig ist, mit allem zufrieden, wenn es geklappt hat und keine größeren Fehler passiert sind. Klar, es ist was Besonderes, wenn man die eine oder andere Band auch persönlich treffen kann und mit Ihnen dann ein Face-To-Face-Interview machen kann. Dies sind dann schon irgendwie Highlights, egal wie dann die Band heißt mit der man da spricht.

Chris: Nun, dann muss ich jetzt als eingefleischter Fan natürlich das Interview mit Alice Cooper erwähnen, welches in Ausgabe 4 zu finden ist. Ich hatte die Hoffnung schon aufgegeben, den Meister noch mal vors Aufnahmegerät zu bekommen, aber dann hat es auf einmal doch geklappt. Und trotzdem bleibt es sehr wahrscheinlich die absolute Ausnahme, eine solche Größe im Musikbusiness fürs Hammerheart zu interviewen, da sich unser Fanzine ganz klar auf originelle Undergroundbands konzentriert und sich auch hier ganz ungeniert in allen Musikbereichen des Metals austobt. Weitere Interviewhighlights waren für mich aber auch die beiden Interviews mit Scott Columbus (R.I.P) von Manowar, Jon Oliva (Savatage/Jon Oliva’s Pain) oder auch Rose Tattoo – allesamt Bands, die ich zutiefst verehre und die für das Streetcleaner Zine interviewt wurden. Und nicht zu vergessen das Interview mit Quorthon zu „Destroyer Of Worlds“-Zeiten, bei dem ich vor Glücksgefühlen fast durch die Decke gegangen wäre. Mittlerweile lege ich gesteigerten Wert darauf, wirklich nur noch jene Bands zu interviewen, die mir zur jeweiligen Zeit besonders viel bedeuten und deren Alben ich privat hoch- und runterhöre, von daher stimmt mich ein Interview mit einer vergleichsweise „kleiner“ Band durchaus zufriedener, als jetzt nur nach großen Fischen Ausschau zu halten.

Rechnet sich der Aufwand für ein Fanzine eigentlich? Wie finanziert ihr ein solches Vorhaben?

Wolle: Nein, es lohnt sich nicht. Da gibt es viele Dinge, die man noch beachten muss und die es einem nicht leicht machen, so ein Heft in der wenigen Freizeit zu machen und selbst zu finanzieren.

Chris: Kommt darauf an, unter welchen Gesichtspunkten du das jetzt siehst – rein finanziell betrachtet natürlich nicht, Fanzinerei ist purer Idealismus. Die Erstellung einer Hammerheart-Ausgabe ist recht teuer, da dieses Heft im Offset-Verfahren gedruckt wird und hier gleich andere Summen zusammenkommen, als wenn ich das Heft kopieren oder normal drucken würde. Aber das nehme ich in Kauf, weil es mir wichtiger ist, dass die Qualität stimmt – es ist ja schließlich mein Hobby und ich möchte auch den Bands gerecht werden, die jeweils zu Wort kommen und die ja auch oft keine Kosten und Mühen scheuen, damit ihre Musik noch besser rüberkommt. Das Heft nimmt soviel Arbeit in Anspruch, dass dann auch das Ergebnis stimmen muss, ansonsten würde ich das, denke ich, neben Privat- und Berufsleben nicht mehr auf mich nehmen. Zwar befinden sich in jeder Ausgabe auch ein paar Anzeigen, aber diese decken nicht mal die Hälfte der anfallenden Druckkosten, Tendenz zudem auch leider fallend. Ich übernehme also immer mehr der anfallenden Kosten, aber durch den Verkauf kommt natürlich auch noch mal was rein. Letztlich rechne ich hier auch nicht 1:1 auf, da dies für mich nicht primär wichtig ist und ein Fanzine dient nun mal nicht der Gewinnerzielung. Für mich rechnet sich der Aufwand eher in der Hinsicht, dass ich in diesem Hobby voll und ganz aufgehe und mich nun mal gerne in dieser Musik verliere und meinen kleinen Beitrag dazu leisten möchte, auf gewisse Bands hinzudeuten bzw. diese unseren Lesern vorzustellen.

Wo bekommt man die Magazine denn und wie oft erscheinen die Hefte?

Chris: Das Hammerheart erscheint einmal jährlich und daran wird sich höchstwahrscheinlich vorerst auch nichts ändern. Ich bin ehrlich gesagt immer sehr froh, wenn zum Sommer hin eine neue Ausgabe an den Start geht und ich dann die Sommermonate relaxen und Kraft tanken kann für den Nachfolger. Außerdem finde ich, dass es absolut ausreicht, wenn nur eine Ausgabe pro Jahr erscheint, dann kann man sich auch mehr darauf freuen und auf die wirklichen Highlights konzentrieren. Die Ausgaben kann man immer bei mir direkt ordern, ich nehme neue Besteller auf Wunsch in unseren Newsletter auf, der höchstens ein-, zweimal jährlich erscheint und alle Leser informiert, wenn eine neue Ausgabe fertig ist. Ansonsten bekommt man eigentlich alle Hammerheart-Ausgaben auch bei diversen Mailordern, die jeweils auf unserer Website www.AdNoctum.de bekannt gegeben werden. Und wer in der Nähe von Darmstadt wohnt, kann die aktuelle Ausgabe auch meistens noch im dortigen „Comeback“ abgreifen.

Wolle: Man kann die Hefte bei mir bestellen. In dem einen oder anderen Versand sowie Plattenladen kann man auch an die Hefte kommen. Erscheinen tut es einmal im Jahr – ich muss ja die Hefte in der Druckerei selbst bezahlen…

Wolle, Chris – vielen Dank für das Interview und den kleinen Einblick hinter die Kulissen eurer Fanzines. Bleibt zum Schluss der Appell an die Leser, die Fanzine-Szene durch den Kauf der Hefte zu unterstützen.

Den ersten Teil des Fanzine-Specials könnt ihr hier nachlesen.

(mk)

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