Contrast
Verfasst am 01. November 2022 von Michael Klein (Kategorie: Band Of The Month, Interviews, Regionale Bands) — 1.303 viewsAuch wenn der Release des neuen Albums „Acedia“ durch die allgemeinen Umstände etwas ausgebremst wurde, besteht kein Zweifel, dass Contrast hier noch ein echtes Biest an der Kette halten, das nur darauf wartet freigelassen zu werden.
Einen ersten Eindruck konnte man sich mit dem Stück „Solaris“ machen, der auf unserem zweiten Metal-Aschaffenburg-CD-Sampler vorab veröffentlicht wurde. Am 05.11.2022 wird dann endlich die Vinyl-Release-Party gefeiert.
Im Interview gab uns die Band einen tieferen Eindruck über das kommende Werk.
Metal Aschaffenburg: Hallo Jungs! „Acedia“ ist ja ein spiritueller Ausdruck, der als Sinnbild gegen Sorge, Mühe oder Anstrengung steht. Wie mühelos ist euch „Acedia“ denn von der Hand gegangen?
Contrast: Hallo! Erstmal Vielen Dank für das Interesse und schön zu hören dass du dich mit unserer Musik beschäftigst.
Der Titel „Acedia“ wurde bewusst von uns gewählt um ein Gefühl zu vermitteln. Er steht für uns für eine Welt, in der niemand mehr aufstehen will, sich jeder selbst der nächste ist und alles akzeptiert wird. Das Gute, das Schlechte und alles dazwischen. Nach unserem letzten Album „Aurora“, welches sich in seiner Produktion sehr lange gezogen hat, war es alles andere als leicht anzuknüpfen und ein neues Album zu schreiben. Die Songs sind in einem Zweijahresverlauf entstanden und zeigen aus unserer Sicht eine deutlich positive und gereifte Entwicklung. Im Bezug auf das vorherige Album geben wir uns etwas experimenteller und setzen noch mehr auf Atmosphäre und Dichte der Songs. Meist arbeiten wir nach der Impulsgebung unseres Gitarristen Patrick im Proberaum weiter miteinander an Songs und Melodien. Wir befinden uns diesbezüglich in einem ständigen Austausch. Daher entstehen die Songs verhältnismäßig schnell.
Ihr habt für „Acedia“ auf mehreren Ebenen mit Nikita Kamprad von Der Weg Einer Freiheit zusammengearbeitet. Wie viel Nikita steckt denn in „Acedia“?
Wir haben uns aufgrund der musikalischen Entwicklung sehr bewusst für Nikita entschieden und wir sind begeistert von seiner konstruktiven und absolut professionellen Art. Er hat viele Arrangements und Ideen u.a. bei den Gitarreneffekten für „Acedia“ mit eingebracht und bestehende Songstrukturen verfeinert. Er hat ebenfalls die Guestvocals für den Song „Solaris“ beigetragen, was uns besonders freut. Er arbeitet schnell und effizient, ohne die Band je unter Druck gesetzt zu haben. Das schätzen wir enorm.
Auf Facebook fungiert ihr als Contrast Kollektiv. Ist die Band (auch z.B. durch solche zusammenarbeiten mit Nikita) inzwischen mehr als „nur“ eine Band? Wie definiert ihr dieses Kollektiv?
Wir wünschen uns natürlich auch in Zukunft mit professionellen Musikern zusammenzuarbeiten, weil wir dies als eine Erweiterung unseres musikalischen Horizonts sehen. Allerdings entspringt der Name Contrast Kollektiv eher einem Zufall, hat also keinen besonderen Hintergrund.
Ich finde, dass vom eher generischen Metalcore/Melodic Death, der beiden ersten Werke nicht mehr viel übrig ist und euer Sound inzwischen deutlich schwarzmetallischer eingefärbt ist. Geht ihr da konform? Wie würdet ihr denn heute selbst euren Sound beschreiben?
Absolut. Allerdings hat unsere Musik eher weniger mit klassischem Black Metal zu tun. Wir nutzen viele Elemente aus diesem Bereich, verdichten unsere Songs aber mit melodischer Atmosphäre und stimmungsvollen Gitarreneffekten. Wir ordnen uns eher dem Bereich Melodic Death Metal/atmosphärischer Post Black Metal zu.
Auf eurem Album „Charybdis“ sieht man auf dem Coverartwork ein Schiff in den Fängen eines Kraken – auf „Acedia“ sieht man im Hintergrund ein zerstörtes, gesunkenes Schiff und ebenfalls einen Kraken. Das kann doch kein Zufall sein, oder? Besteht zwischen den beiden Artworks/Alben ein konzeptioneller Zusammenhang?
Es ist ein Spiegelbild unserer persönlichen und musikalischen Entwicklung. Jeder von uns trägt intuitiv auf seine eigene Art und Weise zur Entwicklung bei, das ist tatsächlich automatisch passiert. Zufall ist es jedoch nicht. Die Maritime Szenerie fasziniert uns alle (vor allem aber unseren Sänger) und unser Ziel ist einfach ein stimmiges Gesamtkonzept. Wie bereits auf den Alben „Charybdis“ und „Aurora“ ,ist konzeptionell zu erkennen dass sich unsere Eindrücke von der sich stetig verändernden Welt in einem sich selbst konsumierenden Prozess immer wieder abbilden und thematisch verarbeiten lassen.
Ich vermute hinter der Frau auf dem Frontcover von „Acedia“ eine Schiffbrüchige, die vom nahenden Wasser und den Krakenarme bedroht wird. Das Artwork verrät jedoch nicht, ob die Frau überlebt hat oder nicht. Wenn ich mich nicht völlig täusche, findet man diesen offenen Kontrast (Leben/Tod) noch häufiger auf dem Album. Ist das eine Art roter Faden, den ihr für „Acedia“ gesponnen habt?
Das ist richtig, man könnte es eine träumerische Darstellung der Frau am Strand nennen. Die Atmosphäre der Songs dient dazu sich fallen zu lassen und eigene Zusammenhänge zur Musik herzustellen. Der von dir angesprochene rote Faden beschreibt es eigentlich ganz gut. Die Songs sind vom Ablauf und von der Stimmung konzeptionell aneinandergereiht. Am Ende ergibt es eine sehr traurige eher hoffnungslose Stimmung. Ob dies nun das Ende eines Lebens oder eines Traums ergibt, bleibt dem Hörer offen gehalten.
Das „Grindadráp“ ist der umstrittene Grindwalfang auf den Färöern. Für die Einwohner der Inseln ist der blutige Fang eine Tradition. Für Außenstehende ist es eine grausame und überflüssige Tierquälerei. Doch hinter dem Text steht etwas anderes als dieser Brauch, richtig?
Dieser Song ist ein für mich persönlich wichtiges Statement im Hinblick auf den gesamten Umgang mit unserer Natur. Ich verstehe und schätze Tradition aber ich möchte anregen dass wir differenzieren und reflektieren, zu welchem Ausmaß die Ausführung dieser Treibjagden führen – bezogen auf eine völlig unverhältnismäßige Vorgehensweise, Leben zu beenden. Der „Grindadráp“ ist sicherlich nur ein Auszug dieser Thematik, aber es war für mich ein Anlass darüber zu schreiben.
Mein Favorit ist „Abyssal“. Welcher Abgrund verbirgt sich denn hinter diesem Song?
Das freut uns zu hören. Prinzipiell ist es eine Tiefenebene des Meeres, in die nahezu kein Licht mehr vordringt. Dies lässt sich natürlich auch auf andere Ebenen der Existenz projizieren und ich möchte auch hier Interpretationsfreiraum lassen. Im Song geht es um ein träumerisches Absinken in den die Tiefen des Abyssals.
Vielen Dank und viel Erfolg mit dem neuen Album!
(mk)
https://www.facebook.com/ContrastKollektiv