Hypocrisy | Vorbands: Septicflesh, The Agonist & Horizon Ignited
Verfasst am 06. November 2022 von Michael Klein (Kategorie: Konzert-Rezensionen) — 967 views03.11.2022 – Colos-Saal, Aschaffenburg
Wenn ein Konzert unter der Woche bereits um 18:15 Uhr beginnt, dann ist klar, dass bei der ersten aufspielenden Band noch nicht viel los sein kann.
In diesem Fall trifft es die Finnen von Horizon Ignited, die vor noch relativ spärlicher Kulisse aufspielen. Schade eigentlich, denn der schnittige Melodic Death Metal irgendwo zwischen In Flames´ „Clayman“ und den finnischen Landsmännern von Children of Bodom oder Wolfheart ist wirklich gut gemacht und hängt nur in den bemühten Clean-Parts durch. Wenn die Truppe aggressiv losballert, braucht sie hingegen keinerlei Vergleiche zu scheuen. Der grandios bretternde Gitarrensound tut hier sein übriges, um den Auftakt des Abends als vollen Erfolg zu verbuchen.
Bei The Agonist ist dann schon sichtlich mehr los vor der Bühne, was die KanadierInnen mit all ihrer Erfahrung zu nutzen wissen. Synchrones Headbangen zu tiefergelegten Riffs („Blood As My Guide“!) und oftmals ordentlich vertrackten Songs sieht halt einfach cool aus. Sängerin Vicky Psarakis zeigt ein enormes Spektrum an Screams, Grunts und Cleangesängen, der nicht nur im aktuellen „The Days Before The World Wept“ in jeder Hinsicht in die Extreme getrieben wird. Da The Agonist ja immer noch gern mit Arch Enemy in Verbindung gebracht werden, muss man klar sagen, dass die Schweden mit Alissa zwar kommerziell erfolgreicher sind, die KanadierInnen aber spannender, unberechenbarer und vielseitiger. Starke Performance!
Septicflesh profitieren im Anschluss nicht nur vom formidabel aufgewärmten Publikum, sondern auch von ihrer abgeklärten Routine (die Griechen sind schon seit 1990 unterwegs!) und erhaben-monströsen Ausstrahlung. Mit dem brandneuen Album „Modern Primitive“ im Fokus machen die Brüder „Seth“ und Christos gemeinsam mit Gitarrist „Psychon“ und Drummer „Krimh“ keine Gefangenen und zerlegen den Colos-Saal in ein rituelles Schlachtfeld. Orchestrale Düster-Hymnen wie „Hierophant“, „The Vampire From Nazareth“ oder „Communion“ dienen als Opfergaben um die Massen zu einen. Stark! Und von den folgenden Hypocrisy nur durch deren größeren Bekanntheitsgrad zu toppen.
Stücke wie „Fire In The Sky“, „Eraser“ oder „The Final Chapter“ sind nach wie vor Waffen, die fast jeder kennt – und feiert.
Chef-Alien-Kenner Peter Tägtgren (der in den letzten Monaten vermehrt durch Schwurbel-Aussagen und den seltsamen Lindemann-Split aufgefallen ist), bedient seine Fans mit einee 13-Alben-umfassenden Setlist (!), die kaum Wünsche offen gelassen haben dürfte. Gemessen am inzwischen respektablen Alter für eine Death-Metal-Band (inzwischen mehr als 30 Jahre!) muss man wirklich attestieren, dass die Truppe nach wie vor Relevanz besitzt und viele jüngeren Bands live locker im Schatten stehen lässt. (mk)