Third Wave
Verfasst am 01. Mai 2019 von Michael Klein (Kategorie: Band Of The Month, Interviews, Regionale Bands) — 3.552 viewsKeine Frage, „How To Live Or Let Die“ hat eingeschlagen wie eine Bombe! Selten gab es hier in der Region ein Debüt zu hören, das auf dermaßen hohem Niveau einsteigt, wie es das der damals (und eigentlich immer noch) blutjungen Third Wave tat.
Songs wie „Tempest“ oder das überragende „Keep Me Blind“ gehen auch heute noch als lupenreine 15-Punkte-Kracher durch. Mit Spannung war nun zu beobachten, in welche Richtung sich die Band entwickeln würde. Die Antwort auf diese Frage liefert nun das neue Album „Metamorphosis“ – und das im wahrsten Sinne des Wortes.
Wir unterhielten uns mit 4/5 der Band im gemütlichen Dead End in Aschaffenburg
Metal-Aschaffenburg: Hi, Jungs! Glückwunsch zum neuen Album! „Metamorphosis“ ist richtig geil geworden!
Julian: Danke! Das freut uns zu hören!
Auf „Metamorphosis“ gibt es weniger klassischen Metalcore, dafür viel mehr moderne Sounds und Klänge, die bisher noch gar nicht im Third-Wave-Kosmos vorhanden waren.
Was habt ihr euch denn für das neue Album vorgenommen?
Julian: Wir haben uns tatsächlich gar nichts vorgenommen. (lacht)
Adrian: Ich glaube, das einzige, das wir uns vorgenommen haben, ist, dass das Album elf Titel haben sollte.
Was war denn der Ausgangspunkt für „Metamorphosis“?
Adrian: „Inheritance“, oder? (der Rest nickt zustimmend). Den haben wir angefangen zu schreiben, als das erste Album noch gar nicht veröffentlicht war. Den haben wir damals auf der Release-Show von „How To Live Or Let Die“ schon live gespielt.
Okay – das erklärt, warum dieser Song der „traditionellste“ des Albums ist.
Julian: Das sagen viele! Wir mögen den Song wirklich gern. Aber der war eben noch ziemlich auf Nummer sicher.
Ab wann wurde euch denn bewusst, dass da viel mehr geht?
Julian: Das kam durch eine gewisse Lockerheit und weil wir Hindernisse aus dem Weg geräumt haben. Als uns klar wurde, dass wir eben nicht den zehnten Song nach gleichem Muster schreiben müssen, sondern das, was wir wollen. Und wenn es eben ein Song ohne Refrain wird – dann ist das eben so.
Adrian: Bewusst war uns das schon. Aber wir haben uns nie bewusst darauf konzentriert. Es hat uns nicht interessiert, dass es anders geworden ist. Es ist einfach die Musik, die wir zu diesem Zeitpunkt schreiben konnten und wollten und worauf wir Lust hatten.
Wenn man sich bewusst vornimmt, in eine andere Richtung zu gehen, kann das ja auch in die Hose gehen.
Sebastian: Stimmt, das sieht man ja auch bei vielen anderen Bands.
Adrian: Für eine Band, die immer den gleichen Stil spielt, ist es auch viel schwieriger, ein gutes, neues Album herauszubringen, denn es muss ja das gleiche sein wie vorher – nur besser. Wenn du dich von Album zu Album wandelst, kannst du viel mehr ausprobieren.
Das fällt einer eher kleinen Band natürlich leichter, als einer großen, etablierten – bei der es viele Erwartungen von außen gibt.
Julian: Das stimmt. Wir konnten mit unserem zweiten Album niemanden vergraulen.
Ich nehme an, dass ihr auch nur sehr wenige Ideen verwerft.
Julian: Wir haben alle Ideen drinnen. Wenn etwas nicht zu einem Song gepasst hat, dann kam es in einen anderen Song oder wird so bearbeitet, dass es uns gefällt.
Das ist ja auch eine Art Metamorphose.
Und wie passt jetzt der Albumtitel in den Kontext?
Julian: Es ist total witzig mit dem Albumtitel – er passt einfach zu allem! Er passt zum Artwork, er passt zu den Songs, er passt zum Album an sich. Das ist uns aber alles erst im Nachhinein aufgefallen. Es hat mit einem Song angefangen, der so einen „Wandel“ in sich hat. Unser Schlagzeuger hatte dann vorgeschlagen, einen Titel zu suchen, der damit etwas zu tun hat. Einen richtigen Masterplan gab es aber nie.
Sebastian: Das hat eher etwas damit zu tun, dass wir uns selbst verändert haben – was wir für Musik hören. Vor vier, fünf Jahren haben wir einfach mehr die klassischen, simpleren Metalcore-Dinger gehört. Aber der Geschmack hat sich halt auch gewandelt.
Man entdeckt neue Bands,…
Julian: …auch Bands, die man früher nicht mochte!
Sebastian: Oder ganz andere Sachen. Wir haben z. B. auch Elemente von Porcupine Tree mit drinnen. Da hätten wir früher nie daran gedacht.
Welche Bands haben denn da Einfluss hinterlassen?
Sebastian: Porcupine Tree habe ich zu der Zeit viel gehört. While She Sleeps waren auch ein großer Einfluss und vielleicht noch Gojira – für das groovige Rabiate. Als ich die Lyrics und Gesangs-Flows entworfen habe waren auch Lamb Of God ein großer Einfluss.
Adrian: Ich höre ziemlich verschiedene Sachen. Alte Sachen von Trivium, Architects, Periphery, Tesseract.
Benedikt: Ich schließe mich dem Addi an, was alte Trivium betrifft. Bis „Shogun“. Ansonsten höre ich jeden Tag aufs Neue worauf ich Bock habe.
Julian: The Intersphere ist auf jeden Fall eine wichtige Band, dazu Gojira, Architects, August Burns Red. Was das Songwriting angeht: Die alten While-She-Sleeps-Sachen, aber auch mal gechilltere Sachen.
The Intersphere sind ein gutes Stichwort! Als ich „Metamorphosis“ das erste Mal gehört habe, musste ich mich nach dem ersten Riff von „Algorithm“ erst noch mal überzeugen, dass da wirklich Third Wave laufen…
Sebastian (lacht und freut sich): Das ist genau das, was wir wollten und warum wir „Algorithm“ an den Anfang gesetzt haben.
Da schimmern für mich nämlich ganz stark The Intersphere durch.
Julian: Ja, ganz klar! Als ich den Song geschrieben habe, war das so ziemlich die einzige Band, die ich zu der Zeit gehört habe. Solche Intersphere-Momente findet man auch an anderen Stellen des Albums.
Stecken denn in „Catharsis“ Metallica-Zitate?
(alle lachen)
Sebastian: Der Mittelpart von „Catharsis“; mit dem rockigen Solo und den Anschläge danach – das hat schon etwas von Metallica, stimmt.
Julian: Unser Schlagzeuger hat gesagt, dass der Song ab der zweiten Hälfte nur noch aus Zitaten besteht. (lacht)
Im letzten Interview habt ihr erzählt, dass Machine Head ein großer Einfluss sind – ich zitiere: „Eine Band, zu der wir alle immer hoch schauen werden.“ – stimmt das nach „Catharsis“ immer noch?
(alle lachen)
Sebastian: Ich sag mal ganz frech: nein!
Julian: Ich glaube, da sind wir alle darüber hinweg. Und unser Songname „Catharsis“ stand auch schon vor dem Machine-Head-Titel fest!
Für ein Debüt hat man unglaublich lange Zeit, um an den Songs herumzuschrauben. Steht man beim zweiten Album mehr unter Druck?
Adrian: Man selbst will natürlich die neuen Sachen so schnell wie möglich präsentieren! Da muss man sich selbst etwas zügeln, weil es nichts bringt, alles schnell zu machen.
Julian: Es ist eh verrückt, dass das Album so schnell fertig wurde. Das haben wir nie so geplant. Wir haben nach der Release-Show im Proberaum schon an neuen Songs für folgende Shows gearbeitet – und dann hat eben bis zu einem kompletten Album nicht mehr so viel gefehlt.
Benedikt: Ich glaube, da haben wir uns beim ersten Album mehr Stress gemacht.
Sebastian: Wir hatten beim ersten Album ein komplett eingespieltes Demo-Tape mit allen Songs und haben uns dann Gott sei Dank noch mal entschieden, bei Sven alles noch mal richtig aufzunehmen. Das hat uns damals vielleicht etwas unter Druck gesetzt.
Für euch war klar, dass ihr wieder zu Sven Schornstein ins Secret Soul Studio geht, oder?
Julian: Auf jeden Fall! Zu 100 %. Wir haben da nicht mal drüber gesprochen. Es war eher ein: Wann gehen wieder zu Sven?
Adrian: Nur die Drums wollten wir diesmal komplett echt aufnehmen. Das letzte Mal waren es ja nur E-Drums, die Sven mit einer Software bearbeitet hatte.
Für die Drums sind wir deshalb zu Kai in die Kohlekeller-Studios gegangen. Kai und Sven haben da auch echt super zusammengearbeitet.
Julian: Bei beiden ist es eine lockere Atmosphäre in professionellem Rahmen. Einfach klasse!
Wie groß war Svens Einfluss auf die Arbeit diesmal?
Benedikt: Diesmal kaum…
Julian: Weniger als beim ersten Mal. Sven hat viel hingenommen von dem, was wir ihm gesagt haben – weil wir diesmal Erfahrung haben. (alle lachen)
Er war auf jeden Fall begeistert, dass wir uns mit besserem Equipment und frischen Saiten herangetraut haben und nicht mit unseren alten Sachen aufgekreuzt sind. (lachen)
Meine Favoriten sind das garstige „Shifter“, der zwischenzeitliche Groove-Todesstern „Fill In The Blank“ und der schon erwähnte Auftakt „Algorithm“ mit seinen modernen Djent-Ausflügen.
Julian: Der Song ist dabei gar nicht mal so neu. Das war einer der ersten und er hat sich nur wenig von der ursprünglichen Version verändert.
Julian: Wir sind auch ganz anders an die Vocals herangegangen als beim ersten Album. Beim ersten war es ein: Wir gucken mal, was wir herausholen können. Jetzt haben wir zwei Sänger und können dadurch alles dynamischer machen. Das war ein Traum – wir konnten viel mehr experimentieren.
Adrian: Mit zwei Stimmen konnten wir jetzt auch Duette und so realisieren.
Sebastian: Beim ersten Album hatten wir ja auch noch keine zwei Clean-Stimmen. Damit konnten wir jetzt viel mehr spielen und überlegen, wo welche Stimme besser passt.
Paradebeispiel ist hierfür „Fill In The Blank“ – in dem nicht nur stimmlich extrem viel passiert…
Sebastian: Das ist mein Lieblingssong. Es passiert viel – obwohl im Vergleich zu anderen Songs wieder doch nicht so viel passiert. Wenn man sich mal die Struktur anschaut, dann wäre „Fill In The Blank“ einer der vermeintlich lockersten. Aber weil die Parts so künstlerisch ausgefallen sind, bekommt man einen anderen Eindruck.
Julian: Auch weil wir hier mit so vielen Sounds experimentiert haben. Wir haben bei Sven hier mit drei verschiedenen Gitarren und fünf verschiedenen Amps hantiert
Reden wir zum Schluss noch kurz über das Coverartwork.
Julian: Das ist ’ne verrückte Geschichte!
Sebastian: Ich habe durch absoluten Zufall einen Künstler in Mainz gefunden, der genau solche Bilder entwirft. Die Bilder bestehen aus mehreren übereinander gelegten Fotografien, die dann toxischen, chemischen und mechanischen Prozessen ausgesetzt werden. Ich fand das so cool, dass ich ihn angeschrieben und gefragt habe, ob er für uns etwas entwerfen kann und vielleicht unser Logo einbauen kann oder so. Das war aber schwierig, weil er ja nie weiß, was am Ende herauskommt. Wir haben uns dann für ein bereits fertiges Bild von ihm entschieden – weil es einfach schon perfekt war!
Adrian: Es war dann nur die Frage: Machen wir noch einen Schriftzug drauf?
Sebastian: Aber alles was wir ausprobiert haben sah nie so gut aus wie das Original. Deswegen haben wir es dann einfach so gelassen.
Dann passt der Titel ja aber wirklich perfekt, weil ja auch das Bild bis zur letztendlichen Fassung eine Metamorphose durchlebt hat.
Genau wie der Künstler des Artworks nicht wusste, wie das Bild am Ende aussieht, so hattet auch ihr zum Anfang des Songwritings keine Ahnung wohin die Reise geht.
Adrian: Vielleicht hat es deswegen auch auf Anhieb so gut gepasst.
Danke für das Interview und viel Erfolg mit eurem zweiten Album!
Die Release-Show von „Metamorphosis“ findet am 18.05.2019 im Elfer in Frankfurt am Main statt, eine Woche später (am 24.05.2019) dann die Release-Party im Speak-Easy.
Das Video zu „Slumber“ gibt es hier
Das Live-Video von „Shifter“ könnt Ihr hier sehen
(mk)
https://www.facebook.com/thirdwaveofficial/
Tags: Third Wave