Kontrust

Verfasst am 23. Juli 2012 von Michael Klein (Kategorie: Interviews) — 2.760 views

Zweite Hand

Der Spitzenkandidat für das Gute-Laune-Album des Jahres 2012 ist bis dato mit weitem Abstand „Second Hand Wonderland“ der österreichischen Spaßgesellschaft von Kontrust. Das Album ist nicht nur der Beweis, dass das Genre Crossover quicklebendig ist, sondern auch eine eindrucksvolle Demonstration wie man auch in diesem Jahrtausend noch kreative Musik erschaffen kann.

Wir unterhielten uns mit Sänger Stefan kurz nach der großen Europatour mit den Apokalyptischen Reitern und Malrun.

Metal-Aschaffenburg: Hallo Stefan! Wie hat euch die Tour gefallen?

Stefan: Absolut top! Abgesehen vom U-Boot-Feeling im vollgepackten Nightliner waren die Shows wirklich sehr genial. Malrun haben jeden Abend munter vorgeheizt und die haben die Meute dann dankend volley übernommen. Obwohl die Reiter-Fans nicht unbedingt unsere Stammklientel sind, waren die Stimmung und das Feedback große Klasse. Naja – und jeden Abend mit ein paar Bierchen Reiter-Show genießen und die eine oder andere Party anzetteln nimmt man natürlich auch gerne mit!

Euer neues Album klingt dermaßen frisch und unverbraucht – warum also „Second Hand“? Wer hatte denn hier zuvor seine Hände im Spiel?

Second Hand, weil das Album zwar frisch aber durchaus auch roh klingt. Dem Crossover wird ja auch nachgesagt, dass er seit langem tot ist… uns kümmert’s herzlich wenig. Lieber ein alter Hut, der einem steht als ein neuer, der nicht passt und spätestens nächste Saison wieder aus der Mode ist. Second Hand ist aber auch etwas kritisch zu verstehen, in dem Sinne, dass Musik in der heutigen Zeit kaum mehr „neu“ erworben wird, sondern irgendwo als quasi freizugängliches Gut von zweiter Hand kopiert wird.
Und ja, Hände waren einige im Spiel. Allerdings stets unsere eigenen Klauen…

Die Songs darauf sind enorm bunt und vielseitig. Ist es so, dass beim Songwriting jeder einzelne für einen ganz bestimmten Einfluss sorgt? Beispielsweise Agata für den Pop, Robert für den Metal etc.?

Klar bringt jeder so seine eigenen Einflüsse mit, allerdings lässt sich das absolut nicht nach Genre oder Härtegrad einordnen. Ich glaube, es hängt meistens davon ab mit welchem Fuß derjenige aufgestanden ist.

Ihr habt die Stücke diesmal zusammen mit jemand außenstehendem komponiert, richtig? Wie kam es denn dazu?

Nein, sämtliche Kompositionen stammen von uns. Allerdings haben wir wie schon am letzten Album mit unserem Produzenten Arne Neurand alle Songs sehr genau durchpflügt, dort eine leichte Variation eingebaut, dort zwei Takte weggenommen usw. Es ist sehr wichtig, dass jemand auch einen außenstehenden Blick auf das Material wirft, der durch den Songwritingprozess nicht vorbelastet ist.
Außerdem wurde ein Song mit Russ Ballard in seinem Studio in London fertig gestellt. Eine geniale Zusammenarbeit, die wie manch andere auch immer wieder auch neue Sicht- und Arbeitsweisen eröffnen.

Viele Stücke haben plötzliche, kaum zu erwartende Breaks, unvermittelte musikalische Richtungsänderungen und spontane Umschwünge.
Gibt es Songs, die ihr nicht live spielt, weil sich Teile davon kaum umsetzen lassen?

No! Aber ein paar sind in der Tat tricky, das ist wohl wahr!

Bei eurer ersten Single „Sock ’n‘ Doll“ musste ich sofort an Waltari denken. Beeinflusst euch der Sound anderer Bands?

Der Sound eigentlich gar nicht. Ich denke auch, dass es weniger der Sound als die Songs selbst, die Arrangements usw. sind, die zwangsläufig mal an die eine oder andere Band erinnern können…  Waltari hab ich ehrlich gesagt seit ewigen Zeiten nicht mehr gehört… die leben noch?

Allerdings! Deren letztes Album „Below Zero“ ist absolut empfehlenswert!
So wie es aussieht gibt es noch mehr Bands, denen es egal ist, dass viele andere den Crossover gern totreden. Warum kann man also mit quietschvergnügtem Crossover trotzdem so erfolgreich sein?

Ganz einfach. Es macht uns Spaß uns mit unserem Stil nicht selbst irgendwelchen Grenzen zu unterwerfen. Quasi nichts muss, alles kann. In dem wir das machen, was uns Spaß macht, ist es auch authentisch. Und naja… nicht jeder futtert zum Frühstück kleine Kinder… zumindest nicht jeden Tag.

Wenn man sich „Monkey Boy“ anhört beginnt man automatisch zu grübeln, was genau damit gemeint ist. Für mich geht es ganz klar um einen Vibrator, richtig? („magic toy“; „this is my greatest joy“; „it makes me uahaha uaha“)

Hehe… guter Versuch, aber leider daneben! Wobei man es unter Umständen auch so deuten könnte. Also wenn du dabei dieses Bild im Kopf hast darfst du auch gerne dabei bleiben… hehe…

Ihr habt für „Second Hand Wonderland“ bei Napalm Records unterschrieben. Einem „Metal“-Label. Das passt, da ihr dem Metal durchaus nicht abgeneigt seid, richtig?

Ganz genau. Wir kommen alle aus dem Metal-Bereich, wir hören Metal und bei dem einen oder anderen Song packen wir ja auch selbst wieder mal gerne dem Dampfhammer aus. Vor allem aber passt es menschlich sehr gut mit den Jungs von Napalm. Wir fühlen uns sehr gut aufgehoben und das ist das Wichtigste.

Damit habt ihr eine Gemeinsamkeit mit Russkaja, deren Sänger Georgij Alexandrowitsch Makazaria auf „Rasputin“ einen kleinen Gastbeitrag liefert. Hat das Label da einen Tipp gegeben?

Nein, nein… die Songs waren auch bereits fertig produziert, bevor wir zu Napalm gewandert sind. Russkaja und wir kennen uns seit Jahren bestens und so hat sich das einfach ergeben.
Vielmehr ist es ja so, dass Russkaja zuerst unseren Produzenten angeheuert hat, dann in unser Studio nach Deutschland gewechselt sind und nach uns jetzt auch bei Napalm ein neues Zuhause gefunden haben. Quasi Stalking in vollendeter Form!

Könnt ihr euch eine gemeinsame Tour mit Russkaja vorstellen?

Eine gemeinsame Tour? – Aber sofort! Ja, das wäre durchaus eine amüsante Reisegruppe…

Viele eurer Songs sind gute Laune pur. Mal angenommen ihr spielt vor einem Publikum, das auf eure Musik nur zögerlich und zurückhaltend reagiert. Helfen solche Songs dabei sich selbst aufzuputschen und sich selbst zu motivieren?

Für uns wohl weniger, dazu sind wir zu konzentriert bzw. braucht das eigentlich keiner von uns. Aber die Songs helfen definitiv den Leuten in den Arsch zu treten. Wer dann immer noch lieber in den Keller zum Lachen geht, der soll das tun.

Wer wäre denn euer absoluter Wunsch-Tourpartner?

Keine Ahnung. Vielleicht irgendein Alleinunterhalter… dann bleibt mehr Platz im Tourbus!

Lieben Dank für das Interview!

(mk)

www.Kontrust.info

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