Helion zum 3.

Verfasst am 29. Oktober 2010 von A. Wissel (Kategorie: Festival-Rezensionen) — 48.034 views

Helion-Festival III

23.10.2010 – Backstage, München

helionIn München steht ein Hofbräuhaus. Das allerdings interessiert Metal-Aschaffenburg heute eher weniger, denn in der Stadt findet die dritte Ausgabe des Helion-Festivals statt.
Nach ökologisch korrekter Anreise per Bahn waren wir bereit, uns den Tag im überraschend warmen München mit Metal um die Ohren zu schlagen. Nach kurzem Mittagssnack und einem Bierchen im Hotel, ging es dann auch schon direkt Richtung Backstage.

Nach einer etwas längeren Wartezeit an der Bändchenschlange kommen wir gerade noch zu den letzten Liedern von Burden Of Life in das Werk (dem größeren Konzertsaal im Backstage). Die Regensburger hatten den Online-Voting-Contest gewonnen, bei dem im Vorfeld Manipulationsversuche durch eine Band für einen Haufen Verwirrung gesorgt hatte. Glücklicherweise blieb das nicht ungesehen und die Organisatoren kontrollierten den Ausgang der Wahl äußerst genau.
Nicht verwunderlich ist also der Ausgang der Wahl zu Gunsten des Gewinners, denn die spielen eine Schnittmenge der stilistischen Ausrichtung des heutigen Abends. Irgendwo zwischen Ensiferum und Finntroll, können aber auch mit schwedischen Death-Metal-Einflüssen punkten.
Es herrscht schon eine gute Stimmung im Saal und es wird auch nach Aufforderung der Band schon kräftig mitgesungen, aber die meisten Leute befinden sich noch draußen in der Schlange oder am Bierstand. (aw)

Anders ist es in der kleinen Halle. Dort sammeln sich schon viele Leute für die Tiroler Asphagor. Deren kalter Black Metal lässt auch schon früh einige Haare kreisen und die misanthropischen Texte spiegeln sich auch in der Starrheit ihrer Bühnenperformance wieder. Die Show wirkt hypnotisierend und monoton, eben ganz wie Black Metal sein soll. (aw)

Inzwischen hat sich auch in der großen Halle einiges getan und vor der Bühne ist es ganz gut gefüllt. Die Pagan-Krieger Kromlek wollen uns die Schönheit der nordischen Mythologie vermitteln und legen einen guten Auftritt zwischen Humppa und Black Metal hin.
Genau das hat das Zielgruppenpublikum auch von der Band erwartet, denn die Mucke kommt gut an. Gespielt hat die Band einiges neues Material der noch nicht erschienenen Platte, wobei der Fokus eben auf den ersten Veröffentlichungen lag. Wer auf Pagan steht, wurde hier gut bedient, aber viele andere im Publikum suchten nach der Hälfte des Sets das Weite. (aw)

Als vierte Band des (noch frühen) Abends und als zweite Band im kleineren Club dürfen die Lokalmatadore von Commander auf die Bretter, die auch schon bei der ersten Ausgabe des Festivals (damals noch im Feierwerk) mit am Start waren. Dem teils groovigem, teils herben Death Metal des Quartetts ist im Grunde nichts entgegenzusetzen wenn – ja wenn – die Jungs heute nicht so unsauber spielen würden. Die vielen Spielfehler und Holprigkeiten nehmen dem Material (u.a. auch einem kleinen Ausblick auf das kommende Album „Fatalis“) jeglichen Durchschlagskraft, was dazu führt, dass die Reaktionen auf den 35-minütigen Gig auch „nur“ verhalten ausfallen. (mk)

Man kann doch sehr erstaunt sein, wenn man den Weg zurück ins Werk findet und die wenigen Leute vor der Bühne stehen sieht. Der erste offizielle Auftritt von Thulcandra steht an, doch scheinbar hat das Klasse-Debüt der Band beim heutigen Publikum noch nicht so wirklich seine Runden gemacht.
Die Band startet nach dem epischen Intro mit dem Lied „Night Eternal“ in ihr Set. Leider fällt der Sound erst einmal ziemlich ins Wasser und neben dem Brummen der Gitarren kann man nur noch das schnelle Schlagzeug-Gewummer hören. Die ausschlaggebenden eisigen Melodien der Band, die Dissection Tribut zollt, bleiben erst mal im Matsch verloren und für die wenigen Fans war das wie ein Stich in die Brust. Glücklicherweise wurde es in der Mitte des Konzertes wieder besser und die Band fönt das größer werdende Publikum mit Liedern wie „Everlasting Fire“ und „Fallen Angel’s Dominion“.
Der massive Einsatz von Rauch auf der Bühne verhindert zwar die Sicht komplett auf die Musiker, gibt aber der Show und den Liedern den mystischen kalten Reiz, den ihnen zustehen soll.
Dass hier bekannte Namen wie der Obscura-Frontmann Steffen Kummerer, sowie Seraph von Dark Fortress vor einem stehen, wird wohl nur das belesene Publikum gewusst haben. Vor der Bühne bangen sich die Leute auf jeden Fall durch das komplette Konzert und können sich zum Abschluss über das Dissection-Cover „The Somberlain“ freuen. Die Publikumsreaktionen waren am Ende doch toll und Thulcandra haben sicher einige neue Hörer dazu gewonnen. Eine wirklich großartige Band reift hier heran und man darf auf die Zukunft gespannt sein. (aw)

Nach dem ersten Vier-Stunden-Marathon fallen Minas Morgul einer kleinen Pause zum Opfer. Beim kurzen Blick in den Club ist aber zu erkennen, dass die Truppe aus Frankfurt an der Oder mit ihrem deutsch gesungenen Pagan Black Metal einige Fans und Neugierige vor die Bühne ziehen konnten. (mk)

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God Dethroned

Wie fast auf den Tag genau ein Jahr zuvor in Essen sind God Dethroned auch heute wieder die sinnbildliche Abrissbirne. Zusammen mit den beiden Neuzugängen Michiel „Mike“ van der Plicht (d.) und Danny Tunker (g.) mäht Frontmann Henri Sattler derartig blutige Schneisen ins Publikum, dass man in den Moshpits reihenweise die Halswirbel knacken hören kann. Kleiner Auszug aus der Setlist gefällig? „Under A Darkening Sky“, „Soul Sweeper”, „Boiling Blood“, „Nihilism“, dann mit dem fetten „Storm Of Steel“ ein Song vom bald erscheinenden Neuen Album „Under The Sign Of The Iron Cross“, „The Warcult“, „Poison Fog“, „Sigma Enigma“, „Hating Life“ und „Villa Vampiria“. Noch Fragen? Absoluter Killer! (mk)

Mit ihrer Mischung aus Gothic und Metal und dem gruftigen Image fallen Schwarzer Engel etwas aus dem Rahmen des Festivals. Trotzdem haben sich vor der Bühne einige Neugierige eingefunden, um dem Werk des Stuttgarters Dave Jason ihr Ohr zu schenken. Ich bin ob des höher als erwarteten Härtegrads etwas überrascht und muss ab und zu ein wenig an Die Apokalyptischen Reiter denken.
Auf dem M’era Luna oder dem WGT hätte die Band sicher noch mehr neue Fans gewinnen können. Die hier mehrheitlich anwesenden Pagan- und Viking-Metal-Fans bedenken die Truppe aber mit gebührendem Applaus während wir uns auf die Suche nach etwas Essbarem machen – für das leider nur dürftig gesorgt ist.
Die einzige Pommes- & Würstchenbude für ca. 1000 Besucher sorgt mit ihrer konstanten Zehn-Meter-Schlange eher für Unmut als für Sättigung. Selbst die nahe gelegene Tankstelle ist bis auf ein paar Scheiben Brot und einige BiFis leer gekauft. Hier gibt’s es Nachholbedarf für das nächste Mal. (mk)

endstille

Endstille

Der erste Headliner am Abend sind die aus Kiel stammenden Endstille. Ähnlich wie bei den anderen Auftritten heute, bleibt durch die weitläufige Verteilung der Gäste auf dem Backstage-Gelände das Publikum vor der Bühne relativ überschaubar. Vorhin störte noch der schlechte Sound, jetzt ist er angebracht und gewünscht. Monotonie ist das Schlagwort und wird bei Endstille als Hauptstilmittel eingesetzt. Die hypnotische Wirkung reißt auch das Publikum in München mit, wobei die Bühnendeko mit drei umgedrehten Kreuzen doch etwas spärlich wirkt. Dafür trumpft die Band mit ihrem typischen Live-Set inklusive Krachern wie „Dominanz“ und „Frühlingserwachen“ auf und vergessen dabei ihr im Dezember erscheinendes Album„Infektion 1813“ auch nicht ganz. Sänger Zingultus macht sich auf der Bühne gut und ersetzt den ausgetretenen Iblis musikalisch auf jeden Fall ebenwürdig.
Die Endstille-Atillerie schießt wieder und selbst manchem „Feind“ kann dieser Auftritt gefallen haben. (aw)

Im Anschluss an diese Raserei konnten sich die glühenden Ohren im kühlen Nautic Doom von Ahab wieder auf Normaltemperatur herunterkühlen. Auch wenn auf den ersten Blick eine Doom-Band nicht so recht zum restlichen Programm passen will: Die Reaktionen auf Ahab fallen durchaus positiv aus.

Mit Equilibrium setzten die Helion-Macher auf die sichere Karte. Bereits zum dritten Mal in Folge – und damit also jedes Mal – sind die Starnberger bei ihrem Quasi-Heimspiel Headliner. Bereits an der großen Anzahl-Shirt-Träger konnten man tagsüber erkennen, dass die Truppe leichtes Spiel haben würde. Und logisch: Stücke wie „Blut Im Auge“, „Die Affeninsel“ oder das obligatorische „Met“ werden (wie immer) von den Fans geliebt und abgefeiert. Damit kann man nur wenig falsch machen.
Mir ist der Pagan/Folk Metal auf Dauer jedoch zu eintönig. Dazu nerven mich die quietschigen Samples vom Band und die etwas aufgesetzt und gekünstelt wirkende Spielfreude der Band – was die jubelnde Menge vor der Bühne freilich anders sieht und sogar den (ziemlich in die Hose gehenden) Versuch einer Wall Of Death startet – für den die Musik des Quintetts dann im Endeffekt doch eher ungeeignet ist. Nun ja – jedem seinen Spaß. (mk)

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The Vision Bleak

Den hatte ich jedenfalls mehr bei den Horror-Metal-Königen von The Vision Bleak. Auch heute drücken die Riff-Salven von Ulf Theodor Schwadorf wieder mächtig aus den Boxen und polieren den Gebliebenen die Ohrmuscheln. Die Highlights des starken Auftritts sind heute das fabulös krachende „A Romance With The Grave“, das fiebrig-finstere „I Dined With The Swans“ und das immergute „By Our Brotherhood With Seth“. Optik und Bühnenpräsenz der Band sind wie immer stimmig und unterstreichen die Arbeit einer der einzigartigsten und ungewöhnlichsten Bands des Metalzirkus.

Ein perfekter Abschluss für das Festival, dass sich bei einem ähnlich guten Billing wie diesem Jahr sicher auch in 12 Monaten wieder auf dem Radar befindet. Denn bis auf einige, wenige Kleinigkeiten hat hier wirklich alles gepasst.

(Text: aw, mk; Bilder: lkb)

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