Mekong Delta –
„Wanderer On The Edge Of Time“

Verfasst am 04. September 2010 von Michael Klein (Kategorie: CD-Rezensionen) — 2.208 views

Prog Metal inspiriert von Thrash und Klassik?!

Die deutsche Progressive-Metal-Band Mekong Delta gibt es, mit wechselnder Besetzung, seit dem Jahr 1985. Bereits zehn Studio- und zwei Liveaufnahmen sind in dieser Zeit entstanden, die nötige musikalische Erfahrung ist hier also vorhanden. Nachdem die Band um die Jahrtausendwende eine längere Pause gemacht hat und das letzte Album, „Lurking Fear“ aus dem Jahr 2007, etwas ernüchternd war, stellte sich die Frage nach der verbleibenden Zukunft und dem Potential von Mekong Delta.

Bereits der Blick auf die Tracklist legt nahe, dass bei der Konzeption dieses Albums Großes im Sinn war: So sind die Stücke unterteilt in „Interludes“ und „Movements“. Die deutschen Äquivalente dieser Bezeichnungen stammen aus der Klassik und sind „Intermezzo“ und „Satz“, ebenso gibt es auf dem Album eine Ouvertüre und ein Finale. Dass dieser Aufbau dem einer klassischen Sinfonie entspricht, lässt einiges erwarten, aber weckt auch Zweifel, ob eine solche Idee auf einem knapp einstündigen Metal-Album überhaupt umsetzbar ist.

Das Intro, ein Stück auf der akustischen Gitarre, leitet sehr gut in die argwöhnische, teils schon unbequeme Stimmung des Albums ein, und gleichzeitig wird auch klar, dass der Spieler sein Instrument und sein Handwerk ausgezeichnet versteht. Dieser Genuss währt jedoch nicht lange, denn die nach zwei Minuten einsetzende Ouvertüre besteht aus einem technisch äußerst vertrackten Extreme-Metal-Gewitter, das selbst Sechzehntelprofis wie Blotted Science oder Liquid Tension Experiment alle Ehre gemacht hätte. Betrachtet man das ganze Album, stellt man fest, dass dies mit Ausnahme einiger Parts auf der Akustikgitarre nicht nur für die Ouvertüre, sondern auch für alle Interludes zutrifft. Diese bilden zwar durchgehend schlüssige Überleitungen zwischen den Songs, aber trotzdem gewinnt man dem Eindruck, dass die beteiligten Musiker hier mit mehrstimmigen Soli und vertrackten Taktwechseln eindrucksvoll ihre Argumente auf den Tisch legen wollen. Das gefällt natürlich dem Fan von technischem Metal, trotzdem ist der Übergang zwischen diesen Parts und den eigentlichen Songs teilweise sehr unvermittelt.

Der erste eigentliche Song des Albums, „A Certain Fool“, ist von recht sanften und flächigen Orchesterklängen geprägt, die den Gesang des Sängers Martin LeMar voll zur Geltung kommen lassen. Thrash Metal im klassischen Sinne, wie er auch auf den älteren Alben der Band zu finden war, ist bis jetzt nicht aufgetaucht. Mit „The 5th Element“ wird zum ersten Mal bewusst, mit welcher kompostorischen Qualität man es hier zu tun hat. Mehrstimmiger Gesang und einprägsame Gitarrenläufe erinnern an die großen und epischen Erzählungen von Bands wie Symphony X und sogar Blind Guardian. Wieder erkennt man den Einfluss aus der Klassik, da einzelne Melodiethemen immer wieder aufgegriffen und abgewandelt werden.

Der dritte Satz, „The Apocalypt – World In Shards beginnt mit einem grundsoliden Riff, das die Thrash-Wurzeln der Band deutlich macht und mit einer sehr interessanten Taktverschiebung aufwarten kann. Auch dieser Part wird während das Songs immer wieder aufgegriffen, und gegen Ende des Songs fährt die Band ein sehr atmosphärisches Gitarrengewitter auf, wie man es eigentlich nur aus dem Post-Metal-Bereich gewohnt ist.


Mekong Delta - Wanderer on the Edge of Time

Bewertung: 11/15 Punkte
Genre: Progressive Thrash Metal
Herkunft:
Deutschland
Label: Aarrgh Records
Veröffentlichungsdatum: 11.06.2010
Homepage:
www.MekongDelta.eu

Tracklist

1. Intro – Concert Guitar
2. Ouverture
3. A Certain Fool
4. Interlude 1
5. The 5th Element
6. Interlude 2
7. The Apocalypt – World In Shards
8. Interlude 3
9. King With Broken Crown
10. Intermezzo
11. Interlude 4
12. Affection
13. Interlude 5
14. Mistaken Truth
15. Finale

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Nach einem weiteren Zwischenspiel folgt „King With Broken Crown“, das wieder einen etwas ruhigeren Ton anschlägt und von stark orientalisch geprägten, harmonischen Gitarrenklängen dominiert wird. Das darauf folgende Intermezzo besteht wie auch das nachfolgende Zwischenspiel aus dem bereits bekannten technisch starken Metal, wobei hier vor allem Bassist und Drummer besonders tief in die Trickkiste greifen dürfen.

Beim vorletzten Song, „Affection, wird mit Chorgesängen und begleitenden Akustikgitarren eine grosse Stimmung aufgebaut, die leider nicht sehr lange anhält und eigentlich nur ein Vorspiel zum letzten Song und großen Höhepunkt des Albums darstellt. Bei „Mistaken Truth werden nochmal die größten Geschütze aufgefahren und das Album findet unter Riff- und Doublebassgewitter ein würdiges Finale.

Was bleibt nun schlussendlich zu diesem Werk zu sagen? Sicher ist den beteiligten Musikern hier Großes gelungen, die einzelnen Stücke sind für dieses Genre erstaunlich gefühlsstark und durch das gesamte Album zieht sich kompositorisch eine Art roter Faden, der erst nach mehrmaligem Hören deutlich wird. Die Zwischenspiele sind technisch anspruchsvoll und verhindern teilweise, dass man das Album „nebenher“ als Ganzes durchhören kann. Trotzdem, oder gerade weil dieses Album eine gewisse Aufmerksamkeit einfordert, handelt es sich hier um eine der besten Progressive-Metal-Veröffentlichungen der letzten Jahre. (fb)


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