April Art

Verfasst am 01. Juli 2022 von Michael Klein (Kategorie: Band Of The Month, Interviews) — 995 views

April Art haben aus der Not eine Tugend gemacht und die Corona-Zeit genutzt, um ihren Sound einmal auf links zu drehen und neu zu erfinden. Nicht, dass man die Giessener nun nicht mehr erkennt – aber das neue Werk „POKERFACE“ ist eine echte Frischzellenkur und das perfekte Album, um mit Kickstart wieder ins Musik- und Konzertgeschehen einzutauchen.
Wir schnappten uns Sängerin Lisa für einen kleinen Plausch.

 


 

Metal Aschaffenburg: Hallo! Zuerst mal: Glückwunsch zu eurem hervorragenden neuen Album! Ich fand euch vorher schon gut – aber jetzt bin ich Fan! Die härtere Ausrichtung steht euch extrem gut! Das war schon klar anvisiert, oder?

Lisa: Vielen Dank! Freut uns sehr, wenn die Platte gefällt! Absolut war das so anvisiert. Wir haben uns während den letzten zwei Jahren immer mehr zu unserem jetzigen Stil entwickelt und sind super glücklich mit dem Ergebnis.

Durch die eingeflochtenen Djent-Riffs entzieht ihr euch auch den häufigen Die-Happy- und Guano-Apes-Vergleichen und klingt eigenständiger. Wie sehr haben euch diese Vergleiche denn genervt?

Haha, tatsächlich kommen die Vergleiche noch immer! Es gibt nun mal in Deutschland nicht besonders viele erfolgreiche Rock-Bands mit weiblichem Gesang. Aber ich muss sagen, dass es weitaus schlimmeres gibt als mit den beiden erfolgreichsten Bands verglichen zu werden ;)

Auf eurer Website und dem Coverartwork steht „POKERFACE“. Der Titelsong (und der Albumtitel auf Spotify) wird aber „P.O.K.E.R.F.A.C.E.“ geschrieben.
Wie ist es denn nun richtig? Und was steht hinter der vermeintlichen Abkürzung?

Das ist ne lustige „Verwechslung“ :D Uns war wichtig das POKERFACE groß und als ein Wort geschrieben wird. Weil wir eine eigene Schreibweise haben wollten. In den Onlinestores konnten wir dies nur mit den Punkten dazwischen umsetzen. Also haben wir uns dafür entschieden. Also keine Abkürzung und keine spannende Story ;)

Im „Intro“ fällt der Satz „It´s never too late to chance your focus – follow the call of your heart!“
Doch Selbstverwirklichung ist für die heutige Generation bei den massiven Einflüssen durch (Social) Medien extrem schwer. Wie schützt ihr euch vor (schädlichen) Einflüssen von außen und schafft es, euren eigenen Weg zu finden?

Ich glaube die Antwort auf die Frage liegt schon in der Art wie sie gestellt wird. Meiner Meinung nach muss man sich nicht finden. Der Schlüssel liegt darin zu erkennen, dass man sich selbst und sein eigenes Leben kreiert. Ich habe jeden Morgen, nein eigentlich jeden Augenblick, die Chance mich anders zu entscheiden als ich es zuvor getan haben.
Aber ich verstehe was du meinst. Social Media ist Fluch und Segen zu gleich. Als Band weiß man das ganz besonders. Wir haben uns dafür entschieden, aufzuhören auf Zahlen zu achten. Ganz ehrlich, ich hab doch lieber 100 richtige Fans die unseren Content und die Band feiern, als 100.000 Bots die alles ganz schick aussehen lassen und am Ende ne Luftnummer sind.

Als Musiker steht ihr ja selbst auf verschiedenen Präsentationsflächen (Bühnen, Videos,…). Was, wenn die Fremdbestimmung euch selbst betrifft und jemand euch nacheifert? (Vielleicht auch so gut aussehen will wie Lisa-Marie?). Wie schafft man es, jemanden zu motivieren seinen eigenen Weg zu gehen und sich nicht an anderen zu orientieren?

Ich glaube es ist nicht schlimm, im Gegenteil, es ist sogar wichtig Vorbilder zu haben. Das war bei mir lange nicht der Fall. Ich dachte immer ein Mädchen aus nem winzig kleinen Kaff in Deutschland will doch sowieso keiner hören. Du musst aus den USA kommen oder wenigstens aus ner Großstadt. Du bist nicht „cool“ genug. Heute hab ich mir das eher sogar zum Auftrag gemacht. Ich möchte für junge Frauen und Mädels ein Vorbild sein. Ja, du kannst diesen Weg gehen, egal wo du her kommst, wie du aussiehst, wie alt du bist oder sonst was. Authentizität ist das Stichwort. Ich habe gemerkt, je mehr ich mein Ding mache und ich selbst bin, je mehr ich mich mit dem identifiziere was ich bzw. wir als Band machen, desto „erfolgreiche“ und erfüllte bin ich. Und desto mehr erreiche ich auch Menschen um sie zu ermutigen das gleiche zutun.

Eine gute und wichtige Aufgabe!
Die „Aufbruch- und Jetzt-Erst-Recht-Stimmung“ kann man „POKERFACE“ anhören. Dazu passt, dass ihr das Album selbst veröffentlicht. Braucht man heutzutage überhaupt noch ein Label?

Da fragst du die falschen. Wir haben ja keins! :D Vermutlich kommt es drauf an, es gibt immer Pro und Contras. In unserem Fall hätten wir uns ausgebremst. Wir hatten Angebote, aber z.B. die VÖ zu verschieben, war für uns keine Option. Die Songs sind für genau diesen Moment geschrieben.

In meinen Ohren ist „Rising High“ ein lupenreiner Hit (und neben „The Sky Is The Limit“ mein Favorit) – Ihr habt dazu ein Video veröffentlicht, das Bilder von der Tour mit Dark Tranquillity und Ensiferum beinhaltet. Rein stilistisch seid ihr da ja völlig aus dem Rahmen gefallen. Wie war die Tour für euch?

Das stimmt total! Wir haben allerdings bereits in der Vergangenheit festgestellt, dass gerade Fans aus dem Metal Bereich uns enorm feiern. Bei uns gibt’s live schon ordentlich auf die Mütze :D Und gerade Metaller werden oft falsch eingeschätzt. Die Metal Community, wie ich sie kenne, ist sehr offen! Wir hatten auf der Tour die Zeit unseres Lebens und wurden von den Crowds mit offenen Armen und jeder Menge Moshpits empfangen!

Nicht nur das ursprünglich geplante Konzert im Colos-Saal musste mehrfach verschoben werden. Jetzt habt ihr zuletzt auch selbst eine Show wegen Corona absagen müssen. Ich hoffe, es geht euch besser!
Ihr habt euch in der coronabedingten Zwangspause der Musikbranche sehr aktiv für Die Stärkung der „Musik-Lobby“ (z.B. der Initiative Alarmstufe Rot mit „Break The Silence“) eingesetzt. Habt ihr den Eindruck, dass sich in den vergangenen Jahren hier etwas bewegt hat?

Hmm, da bin ich mir, ehrlich gesagt, nicht sicher. Die Interessen der Beteiligten innerhalb der Branche gehen doch sehr weit auseinander. Das liegt einfach daran, dass ein Solo Selbständiger natürlich andere Bedürfnisse hat, als ein Unternehmen mit 100 Mitarbeitern oder ein Club im Vergleich zu einer riesigen Arena. Und auch jetzt haben es die kleinen Festivals z.B. total schwer, weil es momentan ein Überangebot an Veranstaltungen gibt und die Leute gar nicht wissen, wo sie noch überall hingehen sollen, weil so viele Konzerte von großen Künstlern nachgeholt werden. Da bleibt der Besuch beim lokalen kleinen Festival im Zweifel aus.

Das Artwork von „Pokerface“ erinnert an mich an die Netflix-Serie „Arcane“. Von wo kommen die bei euch schon immer vorhandenen Comic-Referenzen und –Styles?

Die Serie kenne ich gar nicht :) Wir haben riesig Glück, dass wir über einen unglaublich talentierten Künstler aus Rostock gestolpert sind! Der Mann heißt Flix Stephan und wir sind mit ihm in einer perfekten Symbiose ;) Er hat bereits 2018 das Cover zu „Not Fair“ gemacht und hat sich seitdem gemeinsam mit uns weiterentwickelt. Mittlerweile macht er viel 3D Kram und das war dann der logische Schritt, dass auch unser Artwork sich zum 3D weiterentwickelt. Wir geben ihm viel Freiraum und sind jedes Mal wieder komplett geplättet, was er aus unseren Ideen zaubert!

Ist der visuelle Aspekt inzwischen genau so wichtig wie die Musik?

Das gehört alles irgendwie zusammen. Aber am wichtigsten ist und bleibt die Musik. Was bringt dir ne tolle Außendarstellung wenn auf der Platte nur „heiße Luft“ ist?

Zum Schluss noch etwas anderes: Zum Waltari-Jubiläum habt ihr eine geile Coverversion von „Helsinki“ aufgenommen. Wie viele Takes hat Lisa denn für den Gesang gebraucht?

Puh, das kann ich gar nicht genau sagen :D Ich hatte eine reine Vocal Spur von Kärtsy als Guideline, so hat das erstaunlich gut geklappt. An einem Abend war der Song auf jeden Fall eingesungen :)

Danke für das Interview! Wir sehen uns dann im Herbst im Colos-Saal!

Sehr gerne! Vielen Dank! Ich freu mich drauf :)

 

(mk)

https://www.aprilart.de/

 

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