Nosound – „Scintilla“
Verfasst am 28. September 2016 von Sebastian Mack (Kategorie: CD-Rezensionen) — 1.880 views
Manche Alben schreien nach Aufmerksamkeit. Mit immer neuen Lautstärke-, Tempo- oder Gesangsspitzen soll der Hörer aufgeweckt oder bei Laune gehalten werden. Es gibt aber auch Alben, die sich zurücknehmen, ihre Musikalität in der Breite entfalten und eher auf ruhige, unauffällige Art Atmosphäre aufbauen. „Scintilla“ der italienischen Progger Nosound ist so eine Platte.
Mit einer Schnittmenge aus Prog und Artrock klingen immer wieder 70er-Vorbilder wie Pink Floyd oder Krautrockbands im Stile von Eloy an. Die gewaltigen Soundteppiche, die vor dem Hörer ausgerollt werden, laden zum Verweilen ein. Wenn etwa „In Celebration Of Life“ mit einem leisen Keyboard-Intro beginnt und dann nach und nach Gitarren, Streicher und schließlich das Schlagzeug einsetzen, rufen meine Ohren förmlich nach der dem Album beigelegten Blu-Ray, die mir für diese Rezension bedauerlicherweise nicht zur Verfügung stand. Denn diese – und da wären wir wieder bei Floyd – hat dem Album einen 5.1-Surround-Mix verpasst, der die Musik wohl noch deutlich effektiver in Szene setzen dürfte,
Mastermind Giancarlo Erra überzeugt auf der Platte aber nicht nur durch sein weiterhin astreines Songwriting. Auch seine sanfte Gesangsstimme klingt angenehm wie eh und je und weiß sich immer wieder dem Gesamtzusammenhang der Musik unterzuordnen. Frei nach dem Prinzip „weniger ist mehr“ sind die Vocals nicht Mittel zum Zweck – etwa als Mitmach-Element für Live-Auftritte – sondern eine Ergänzung zum musikalischen Fluss des Albums. Natürlich gibt es auch „gesangsintensivere“ Lieder – etwa „Little Man“ oder das zusätzlich mit Erras Muttersprache akzentuierte „Sogno e Incendio“ – dennoch wirkt das Ganze nie abgedroschen oder nach einem aufmersamkeitsbedürftigen Frontmann, der sich besonders in Szene setzen möchte.
Die größte Stärke des Albums ist die Subtilität, mit der die Musiker hier arbeiten. Statt komplexe Rhythmik möglichst vordergründig zu akzentuieren, um die eigene Spielfähigkeiten zu beweisen, finden Takt- und Betonungsverschiebungen eher im Verborgenen, fast wie nebenbei statt (besonders gut hörbar auf „Last Lunch“). Damit gelingt dem Album eine besondere Kunst, die nur wenige Bands in dieser Form hinbekommen: Musikalische Komplexität und ein besonderes Verständnis für stimmige Kompositionen wurden so geschickt miteinander verwoben, dass das Album sowohl als beruhigende Hintergrundbeschallung taugt, als auch für wiederholte, aufmerksame Durchläufe mit einem Auge (beziehungsweise Ohr) auf Details funktioniert.
Am Ende der Scheibe lassen Nosound den Hörer mit dem Titelsong „Scintilla“ zurück, der mit seinem geschickt aufgebauten Cliffhanger SOFORT den Finger auf den Repeat-Knopf wandern lässt – und gleichzeitig die Vorfreude auf weitere Musik der Band aufkommen lässt. Selbst wenn das – passend zur bisherigen Veröffentlichungsgeschichte – wieder zwei bis drei Jahre dauert, bin ich schon jetzt davon überzeugt, dass das Warten sich lohnen wird. (sz)
Bewertung: 14/15 Punkte
Genre: Progressive Rock / Artrock
Herkunft: Italien
Label: Kscope
Veröffentlichungsdatum: 02.09.2016
Homepage: www.Nosound.net
Tracklist
- Short Story
- Last Lunch
- Little Man
- In Celebration Of Life
- Songo E Incendio
- Emily
- The Perfect Wife
- Live Is Forever
- Evil Smile
- Scintilla
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