Leprous – „The Congregation

Verfasst am 08. Juni 2015 von Michael Klein (Kategorie: CD-Rezensionen) — 2.134 views

„Schöne Musik! Was ist das?“ sagte mein Mitfahrer auf der Autobahn. Ungewöhnlich für ihn, der weder Metaller noch Rocker und schon gar kein Prog-Hörer ist. Meine Antwort fällt knapp aus: „Leprous. Aus Norwegen. Das Album heißt „The Congregation“.“

Wir schweigen und lauschen dem knackigen ersten Song „The Price“. Eine Harmonie, die in den Ohren kitzelt wird von einem knackigen Rhythmus zerlegt und dadurch noch faszinierender. Der zweite Track „Third Law“ fügt sich nahtlos an. Über die Melodiefragmente auf den Gitarren von Tor Oddmund Suhrke und Øystein Landsverk singt der Keyborder Einar Solberg mit feiner, gedämpfter, ja fast schon weinerlichen Stimme. „Geiles Schlagzeug.“, sagt mein Mitfahrer beim Break mit 4 Takten Schlagzeugsolo von Baard Kolstad. Für gewöhnlich läuft die Musik nur im Hintergrund und wir unterhalten uns. Das wir gemeinsam Musik hören ist neu.
– „Seit wann stehst du auf Schlagzeug?“
– „Seit gerade eben“
So langsam wird er mir unheimlich.
Schweigen.
Ich drehe die Musik lauter. Wir haben noch ein Stück zu fahren.
Mit „Rewind“ bringen die vier Norweger, dann den Metal ins Spiel. Leider fällt der leicht psychedelische Teil mit Doublebass zu Beginn etwas kurz aus für meinen Geschmack. Das gute Arrangement zwischen Gitarren und Keyboard steigert das Lied aber dramaturgisch gut, bis auch der weinerliche Gesang von einem wütenden Screaming zermahlen wird. So kommt sogar der Gojira-Fan in mir am Ende voll auf seine Kosten. Ich erwarte ein genervtes Augenrollen vom Beifahrersitz. Fehlanzeige. Mein Freund blickt nur verträumt ins Leere, als die sanften Klänge von „The Flood“ einen guten Kontrast zum abrupten Ende des vorigen Liedes setzen. Mit wenig Begleitung und einem Teppich ineinander verwobener Klänge wird das Heranrollen der Flut aufgebaut, die dann im plötzlich einsetzenden Refrain über den Gehörgang hereinbricht.
Das Arrangement bei den folgenden Tracks „Triumphant“ und „Within My Fence“ fügt sich ins Album gut ein. Rhythmus auf Gitarre und Schlagzeug, dazu ein Klangteppich auf dem Keyboard und der markante Gesang. Nach zwei Minuten im selben Rhythmus bringt aber auch die Abwechslung im Arrangement nichts mehr. Die Songs bleiben definitiv unter ihren Möglichkeiten.
Meine Prog-Ohren wünschen sich mehr von dem Ohrenkitzeln der ersten Songs. Ein Seitenblick auf meinen Mitfahrer zeigt aber, dass Leprous hier den Zeitgeist gut treffen. Er versucht mitzunicken, was bei den Rhythmen allerdings nur sehr bedingt klappt. Ein drolliges Bild.
Mit „Red“ kommt wieder Abwechslung rein. Vor allem die ruhigen Teile überzeugen durch einen modernen Keyboardsound mit markigem Groove. Die unterschiedliche Betonung der Gitarren im Refrain und die alternierenden Rhythmuswechsel am Ende des Lieds sind ein Leckerbissen für alle Prog-Fans.
In „Slave“ wird es dann episch. Eine stampfender Slow Rock Groove mit tragendem Gesang wird durchbrochen von einem wütenden Screamo-Teil, nur um dann am Ende wieder in der eingängigen Melodie zu schwelgen.
Schade, dass die Fahrt schon so schnell vorbei ist. So entgehen meinem Kumpel die letzten drei Tracks.
Vor allem „Down“ hat es in sich: Eingerahmt von einem sehr abwechslungsreichen Melodie-Riff auf den Gitarren liegen die Strophen mit dröhnendem Bass und ein echter Ohrwurm als Refrain. Im Mittelteil liefern sich Gitarren und Schlagzeug ein Duell in Rhythmischer Ausgestaltung. Mehr davon!
Nach einer für meinen Geschmack zu langen Ballade „Lower“ endet das Album würdig in dem Song „Moon“. Die düstere Harmonie wurde exzellent arrangiert. Groovig, emotional und voller Weltschmerz. Die nächste Fahrt kommt bestimmt. „Down“ und „Moon“ werden meinem Mitfahrer sicher Freude bereiten.

Fazit:
Alle Progrocker sollten dieses Album auf jeden Fall gehört haben. Die Songs „Rewind“, „Down“, „Moon“ und „Third Law“ sind echte Ohrwürmer mit dem Bonus eines genialen Prog-arrangements. Durch den Gitarrensound und kaum Gitarrenhärte kommen Metaller hier eher nicht auf ihre Kosten, auch wenn die Rhythmik so manchen Gojira-Hörer mitreißen wird. Für Schlagzeuger ist die Scheibe wegen des Arrangements und der Patterns ein Muss. (Seb)


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Bewertung: 11/15 Punkte
Genre: Progressive Metal
Herkunft: Norwegen
Label: InsideOut
Veröffentlichungsdatum: 25.05.2015
Homepage: www.Leprous.net

Tracklist

  1. The Price
  2. Third Law
  3. Rewind
  4. The Flood
  5. Triumphant
  6. Within My Fence
  7. Red
  8. Slave
  9. Moon
  10. Down
  11. Lower


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