Sólstafir

Verfasst am 21. März 2019 von Gringer (Kategorie: Konzert-Rezensionen) — 4.046 views

18.03.2019 – Colos-Saal, Aschaffenburg

Sólstafir kommen in den Colos-Saal: Grund zum Hingehen genug!
Sie bringen vier Streicher mit: Wer jetzt nicht hingeht, hat eine maximal gute Ausrede… oder Sólstafir noch nie gehört.

Damit wäre im Grunde schon alles gesagt, aber hier noch ein paar Randnotizen: Die breite Masse hat den Wert des Konzertes erkannt und der Colos-Saal war frühzeitig sehr gut gefüllt. Diese angenehme Fülle zwischen „optisch ausverkauft“ und „man kann sehr gut stehen“. Das Publikum war größtenteils angereist. Woher ich das weiß? Jahrelange Erfahrung. Es war ein tolles, buntes, sehr höfliches Publikum, was sich dem Aschaffenburger Gustos des absoluten Schweigens in den Liedpausen gefügt hat. Passt bei Sólstafir auch super.

Wie war es nun? Überpünktlichst schwebten die Herren und die Streicherdamen auf die Bühne, um einen erstmal 45 Minuten absolut abzuholen und zu bannen. Es war ein Genuss in die Klangschichten einzutauchen und sich seinem präferierten Instrument zu widmen und zu folgen. Dann kam eine überraschende Pause. Das war ein wahrer Break, denn man brauchte danach ein bis zwei Songs, um wieder in die Atmosphäre reinzukommen. Glücklicherweise waren die Streicher im zweiten Teil der Show auch besser zu hören. Was aber die ganze Zeit unüberspürbar ist, war das Charisma von Sänger Aðalbjörn Tryggvason und einfach seine zum Teil allein im Raum stehende Stimme. Großartig. Zudem die Optik der so unfassbar tropfenden Coolness von Gitarrist Sæþór Maríus Sæþórsson und Bassist Svavar Austman (nur wahre Männer können diese Zopfkultur pflegen).
Das Konzert brachte mich gefühlt auf eine Reise ins Weltall – dieser riesige Raum, diese weite Reise. Um letztendlich gefühlt der einzige Passagier auf einem im All schwebenden Raumschiff zu sein. Diese tiefen Klänge lassen mich immer wieder an die Fürchterlichkeit der Zylonen von Battlestar Galactica erinnern. So stell ich mir einsame Kälte vor. Aber Sólstafirs Klangkosmos bietet mehr als dieses Szenario – es gibt auch die akustische Untermalung für das Zersschellen seiner Selbst und das in Zeitlupe, schwerelose Sterben in den buntesten Farben. Fantastischer (Film-) Musikabend par Excellenze.
Nach knapp 1 ½ Stunden brach Aðalbjörn Tryggvason dann auch urplötzlich sein Schweigen und wünschte erstmal einen schönen Abend, um dann sogar Jubelspielchen mit uns zu üben, die er vom Fußball-Deutschland erwartete und natürlich auch bekam.

Ich möchte auch Aðalbjörns Bemühen um das Thema Depressionen auch über das Konzert hinaustragen. Er erinnerte an ihren Freund, der bereits vor 12 Jahren seinen Dämonen nicht mehr standhalten konnte und sich das Leben nahm. Er forderte all diejenigen im Publikum auf, die ähnliches durchmachen, sich bitte Hilfe zu suchen und sich nicht zu schämen. Wie er das transportiere war wundervoll und genau deswegen soll es weiterklingen.
Leute da draußen: Quält Euch nicht alleine da durch! Depression ist nicht mal eben eine schlechte Befindlichkeit, sondern einen Krankheit. Und ja, auch wenn Euch ein gebrochenes Bein vielleicht lieber wäre – so ist es nun mal nicht und mal ehrlich: bei einem gebrochenem Bein würdet Ihr doch sicher auch zum Arzt gehen? Eben. Also mal schön auf Onkel Tryggvason hören, bevor es zu spät ist!

Text: (lkb)

Bilder: Carlos & Mona (Danke dafür!)

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