Vuur

Verfasst am 23. Februar 2018 von Michael Klein (Kategorie: Interviews) — 2.168 views

Anneke van Giersbergen ist eine vielbeschäftigte Frau. Zuletzt mit The Gentle Storm unterwegs (auch hier bei uns), danach die Kollaboration „Verloren verleden“ mit Árstíðir, kurz darauf beim Ayreon Universe auf die große Bühne, um anschließend mit Vuur ihrer Lust auf härteres Material einen Rahmen zu geben.
Kaum war „In This Moment We Are Free – Cities“ veröffentlicht, ging es auch schon im Vorprogramm von Epica auf Tour, um nun eine Headliner-Runde anzuschließen.
Es ist immer wieder eine Freude, Gespräche mit der sympathischen und charismatischen Musikerin zu führen. Die Atmosphäre hinter der Bühne und die Stimmung der Musiker könnte trotz des Stresses kaum entspannter sein. Schlagzeuger Ed hat es sich auf einer Couch gemütlich gemacht, die Gitarristen Jord und Ferry klimpern auf dem Klavier und ihren Gitarren herum und Anneke erwartet uns sichtlich relaxt und gewohnt gut gelaunt zum Interview.

Wir drücken ihr als Geschenk ein Exemplar unseres letztjährigen Samplers in die Hand und fallen direkt in die Unterhaltung…

 

Anneke van Giersbergen: Oh, wow! Danke! Sind das alles Band aus Aschaffenburg?

Metal-Aschaffenburg: Aschaffenburg und Umgebung, ja.

Wow, ihr habt echt eine gute Szene hier!

Mit der niederländischen Musikszene können wir wahrscheinlich nicht mithalten, aber im Vergleich zu manchen größeren Städten ist hier wirklich eine Menge los.
Viele der Bands auf dem Sampler sind erst am Anfang ihrer Karriere – du hingegen hast dich längst etabliert.
Wie groß ist denn der Unterschied zwischen der Anneke zu Beginn ihrer Karriere und der Anneke, die heute Abend auf die Bühne geht?

Groß! Du hast natürlich deinen Charakter/deine Persönlichkeit, die sich nicht verändert. Aber wenn ich in die Zeit zurückblicke, als ich mit The Gathering begann, da war ich wirklich noch ein Kind. Richtig unschuldig in gewisser Weise. Ich wusste zwar, wie ich singe, aber nicht, wie ich mich auf der Bühne bewegen soll, was ich anziehen soll und und und. Von vielen Dingen hatte ich keine Ahnung und agierte im Grunde rein intuitiv.
Als ich dann The Gathering verließ, um auf eigenen Beinen zu stehen (denn das war das, was ich wollte), wurde alles viel bewusster. Ich sage deshalb immer, dass ich ein unbewusstes und ein bewusstes Leben hatte und habe. Und ich liebe mein bewusstes Leben sehr! Ich kann viele Dinge heute viel mehr genießen, als ich das früher tat.
Wenn du jung bist – und da geht es doch jedem bis zu einem gewissen Grad so – weißt du gar nichts. Du versuchst dich selbst zu finden. Ich bin jetzt 44, fast 45 und mag das Leben viel mehr. Okay – körperlich wird es nicht gerade besser (lacht) – ich muss jetzt etwas tun, damit ich auf der Bühne nicht aus der Puste komme (lacht).
Aber das ist doch das Tolle: Auch wenn der physische Zustand sich verschlechtert, den geistigen kann man, wenn man denn will, selbst formen. Ich finde es großartig, auf eigenen Beinen zu stehen, eigene Entscheidungen zu treffen, sich selbst und dem was man tut bewusst zu sein. Deshalb möchte ich auch nicht mehr 20 sein wollen.

Und trotzdem bist du das Wagnis eingegangen und hast nochmal eine neue Band gegründet. Hattest du denn keine Angst, dass du mit so einem Schritt alles wieder auf null setzt?

Doch, auf jeden Fall! Ich bin von Natur aus sehr ungeduldig. Deswegen bin ich immer gern in Projekte verwickelt.
Aber Vuur ist etwas anderes für mich. Ich wollte ein Ventil für härtere Musik. Und diese Jungs hier (deutet zu den Musikern im Nebenraum) sind einfach fantastisch! Und genau die wollte ich in der Band haben. Deswegen habe ich dem ganzen auch einen Band-Namen gegeben. Ich wollte das nicht als „Anneke und ein paar Typen“ laufen lassen. Vuur ist wirklich eine Band, mit der er jetzt auf Jahre weitergeht.
Von allem, was ich in den letzten Jahren gemacht habe, ist Vuur der erste wirklich große Schnitt und Neustart.

Eine neue Band zu etablieren, erfordert aber viel Anstrengung.

Ja, aber wir sind gewillt, das zu investieren. Jetzt schon auf Headliner-Tour zu gehen ist ziemlich früh! Wir müssen hart arbeiten, um die Leute zu den Konzerten zu bringen.
Am Anfang dachten viele: „Oh, Anneke macht wieder etwas Härteres – dann wird das wie The Gathering“. Aber außer meiner Stimme vielleicht, klingt Vuur überhaupt nicht nach The Gathering.

Absolut – außer einigen Emotionen klingen Vuur ganz anders.

The Gathering ist Pink Floyd auf Steroiden! (lacht)

Da du jetzt den härteren Stoff vom softeren getrennt hast, wohin jetzt mit den Ideen, die weder hier, noch da passen?

Ich weiß nicht (lacht). Ich stelle sie erst mal ins Regal. Manchmal schreibe ich Stücke, bei denen ich nicht genau weiß, wo diese enden.
Einer davon wurde jetzt für einen Film verwendet. Ich habe inzwischen auch eine Menge holländische Songs geschrieben – vielleicht veröffentliche ich diese mal…

Ich will gar nicht viel zu „In This Moment We Are Free – Cities“ fragen – du hast in vielen anderen Interviews und Videos schon fast alles über das Vuur-Debüt erzählt.
Aber ich bin natürlich in erster Linie sehr enttäuscht… (mit Schmunzeln) es fehlt nämlich ein Song über Aschaffenburg!

(lacht laut) Das muss geändert werden!

Wie würdest du das Stück denn nennen?

Vielleicht: „Der überraschendste Ort in Deutschland“ (lacht)
Ich glaube, dass ihn viel zu wenige kennen.
Jedes Mal, wenn ich hier bin, stelle ich mehr und mehr fest, wie schön es hier ist.

In This Moment We Are Free – Cities“ erzählt ja die Geschichte/Ereignisse von verschiedenen Städten der Welt. Weißt du schon, ob du diesen Faden auch für kommende Alben weiter aufgreifst?

Ich bin mir nicht sicher. Viele Leute waren sauer, weil ihre Stadt nicht mit dabei war (lacht). Und es gibt ja auch noch so viele Orte auf der Welt, über die man schreiben könnte. Deswegen dachte ich am Anfang: Klar, wir machen „Cities – Part II“. Aber vielleicht ist das auch ein bisschen berechenbar und langweilig.
Ich bin mir also wirklich nicht sicher. Wenn es so weit ist, werde ich einfach mit einem weißen Blatt Papier anfangen und sehen, was am Ende dabei herauskommt.

In einigen Wochen wird die DVD der Konzerte des Ayreon Universe veröffentlicht. Du warst ja auch mit dabei…

(strahlt)… Oooh, ja! Weißt du: Arjen verlässt ja nie sein Haus (lacht) – aber wenn, dann kommt plötzlich SO etwas heraus!
Es waren so viele Musiker dort. Alleine 16 Sänger. Frontsänger aus großen Bands! Und es gab keine einzige Diva. Weil wir alle Arjen lieben und gemeinsam etwas Tolles für Arjen auf die Bühne bringen wollten!

Vielen Dank für das Interview Anneke!

Danke dir!

(mk)

www.Vuur.band

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