Árstíðir lífsins

Verfasst am 10. März 2015 von Manuel (Kategorie: Interviews) — 3.024 views

Árstíðir lífsins haben eine Ausnahmestellung in der (deutschen) Pagan-Metal-Szene. Mit „Aldafǫðr ok munka dróttinn“ veröffentlichen sie dieser Tage ihr drittes Studioalbum. Gitarrist Stefan stand uns diesbezüglich Rede und Antwort.

Metal-Aschaffenburg: Hallo Stefan, danke, dass du dir die Zeit nimmst meine Fragen zu beantworten!
Aldafǫðr ok munka dróttinn“ ist das mittlerweile dritte Árstíðir-lífsins-Album. In der (Pop-)Musik gibt es den Glauben, dass das zweite Album das schwierigste für eine Band ist, da man sich nach einem guten Debütalbum hier beweisen muss, jedoch nicht wiederholen sollte und das dritte über „Make it or break it“ entscheidet. In welche Richtung wird es für Arstidir Lifsins nach diesem Werk gehen?

Hallo, Manuel! Ich muss zugeben, ich habe den Eindruck, Árstíðir lífsins passt nicht unbedingt in das von dir beschriebene Schema. Wir entwickeln uns stetig weiter und denken eher weniger in einem Album-abhängigen Kontext. Beispielsweise waren die Arbeiten für die Split mit Helrunar etwa gleich umfangreich, wie die eines Albums. Andererseits haben wir zwei der drei Songs unserer „Þættir úr sǫgu norðrs“-EP von 2014 bereits ein Jahr vorher zusammen mit dem neuen Album aufgenommen und demnach abermals den von dir beschriebenen „Kompositions-Zyklus“ etwas durcheinander gebracht. Derzeit stellen wir eine EP mit Namen „Heljarkviða“ fertig, die zwei Songs von jeweils ca. 20-23 min. Länge beinhalten wird. Wann diese veröffentlicht wird, ist noch nicht klar. Wir gehen aber von Herbst/Winter 2015 aus.

An die letzte Frage anschließend: Glaubst du, dass Árstíðir lífsins mit eurem sehr speziellen, detailverliebten Ansatz, trotzdem durchgehend großartigen Kritikerbeurteilungen, jemals mehr als eine Spartenband sein könnt?

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Bisher hat der Hörer- und Käuferkreis mit jeder Veröffentlichung stetig zugenommen. Ich gehe daher davon aus, dass es auch in Zukunft so sein wird. Ob wir nun jemals in wirkliche Mainstream-Dimensionen vorstoßen, wage ich zu bezweifeln. Das war aber ohnehin nie unser Ziel. Zuvorderst machen wir die Musik für uns selbst und achten nur wenig auf äußere Einflüsse.

Wie schon auf den Vorgängerwerken liegt „Aldafǫðr ok munka dróttinn“ ein Konzept zu Grunde. Würdest du unseren Lesern bitte kurz schildern, um was es in der Geschichte geht? Wie kam diese zustande?

Unser neues Album führt die Familiengeschichte fort, welche bereits auf den beiden Vorgängeralben erzählt wird. Jedoch ist die Geschichte dieses Mal ganz konkret um einen äußerst wichtigen Abschnitt der mittelalterlich-isländischen Geschichte gestrickt worden: die Christianisierung um das Jahr 999/1000. Grundsätzlich handeln die Texte auf „Aldafǫðr ok munka dróttinn“ von zwei Brüdern, die als einzigen Familienmitglieder den Mordbrand überleben, welcher am Schluss unseres zweiten Albums „Vápna lækjar eldr“ beschrieben wird. Beide wachsen in kulturell wie religiös unterschiedlichen Umgebungen auf. Im Verlauf der Story verschlechtert sich jedoch die Beziehung beider zueinander und endet schließlich in einem brutalen, gegenseitigen Brudermord am Ende des Albums.

Inwiefern eignet sich die Geschichte für ein Black-Metal-Doppelalbum? Wie habt ihre diese textlich und musikalisch verarbeitet?

Wie bereits auf allen anderen Alben haben wir sehr darauf geachtet, dass wir die Musik und die Texte so weit wie möglich miteinander verbinden, um die vielschichtigen Elemente des verwendeten Erzählstoffes adäquat zu vertonen. Insbesondere bei den verwendeten skaldischen Strophen, die überwiegend durch die Chöre abgedeckt werden, haben wir uns sehr viel Mühe gegeben.

Kannst du dir vorstellen jemals ohne Grundlage historische Quelle, auf Basis reiner Fiktion, ein Árstíðir-lífsins-Album zu schaffen?

Nein, sicherlich nicht. Die Band ist im Herbst 2008 mit den Grundgedanken gegründet worden, altnordische Geschichte, Literatur und Kunst (in unseren Augen) passend und mit dem nötigen Respekt zu vertonen. Wir werden uns daher mit Sicherheit immer mit der (früh-)mittelalterlichen Geschichte und Mythologie (West-)Skandinaviens beschäftigen.

Dem Album liegen in der CD-Variante englische Übersetzungen der Texte bei. Ist es euch wichtig, dass, wenn der Hörer vielleicht nicht die Originalsprache versteht, er den Inhalt irgendwie nachvollziehen kann? Oder gibt es einen anderen Grund, warum ihr diese Übersetzungen mitliefert?

Ja, es ist uns absolut wichtig, dass der Hörer einen Einblick in die erzählte Geschichte des jeweiligen Albums gewinnt. Sicherlich geht durch die Übersetzung eine ganze Menge des Charmes der Originaltexte verloren, allem voran bei den Skaldenstrophen. Jedoch denke ich, dass es essentiell ist, die Texte zumindest in den Grundzügen nachvollziehen zu können, wenn man sich tiefergehend mit unserer Kunst auseinandersetzen möchte.
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Gab es schon Rückmeldungen, dass sich jemand ob eurer Musik anfangen hat Isländisch zu lernen?

Bisher nicht. Natürlich würde uns so etwas aber freuen, klar.

Was sagt es über Metal-Fans aus, dass „einfache“, sich auf ein fiktives Bild des Mittelalters oder der Wikinger fixierte Gruppen mehr „Erfolg“ haben als Árstíðir lífsins (wenn es überhaupt etwas über die Hörer aussagt)?

Ehrlich geschrieben ist es uns völlig unwichtig, ob wir nun erfolgreicher als andere Bands sind. Ob Metal-Fans nun unsere Texte, das Layout oder auch nur die Musik nachvollziehen wollen (und können), ist ebenso unwichtig. Wir werden mit Sicherheit nicht unsere eingeschlagene Route ändern, um irgendeiner besonderen Musik-Sparte zu entsprechen. Ganz im Gegenteil: Ich denke, dass unsere musikalische Verbindung aus Metal, Klassik und (überwiegend melancholisch-skandinavischer) Folklore ihren ganz eigenen Reiz hat, den man eben mag, oder nicht. Dasselbe gilt natürlich für die vergleichsweise tiefgründigen und, wenn man denn will, wissenschaftlich-fundierten Texte von Árstíðir lífsins.

Nun ist „Aldafǫðr ok munka dróttinn“ das fünfte Release der Band in vier Jahren. Wie gewährleistet ihr, dass sich das Material qualitativ immer am obersten Limit bewegt? Gibt es trotz des hohen Outputs einen großen Stapel an verworfenen Ideen und Songelementen?

Sicher haben wir bereits einige Ideen wieder über den Haufen geworden. Überhaupt arbeiten wir vergleichsweise lange und detailverliebt an unseren Songs. Jedoch machen wir dies immer kontinuierlich und können daher über eine vergleichsweise große Anzahl an bisherigen Veröffentlichungen blicken, ganz richtig. Ob die Qualität mit der Zeit zu- oder abgenommen hat, können wir selbst aber nur schlecht bewerten und überlassen das gerne anderen.

2013 habt ihr mit Helrunar eine Split-LP veröffentlicht. Wird es solche Veröffentlichungen (Splits) auch in der Zukunft noch einmal geben?

Ausschließen möchte ich eine weitere Split-VÖ nicht, jedoch ist vorerst keine geplant.

Das Line-Up ist im Kern nun schon über die Jahre beständig. Inwiefern wirkt sich dies auf die Herangehensweise an das Songwriting aus? Ist Árstíðir lífsins über die Jahre mehr zu einer Band, als einem (Solo)Projekt geworden?

Wie du schon richtig bemerkt hast, ist mit Ausnahme des Fortganges von Georg im Frühjahr 2013 der Kern der Band seit 2008 derselbe geblieben. Anfangs hatten Árni und ich sicher noch etwas autarker an der Musik gearbeitet als heute, jedoch haben auch Georg und Marsél bereits auf dem Debut „Jǫtunheima dolgferð“ sehr aktiv an den Vocal-Arrangements mitgearbeitet. An sich hat sich eigendlich daher bis heute nichts geändert.

Aufgenommen habt ihr das Album bereits Mitte 2013, wie kommt es, dass es dann erst Ende 2014/Anfang 2015 erscheint?

Das hat mehrere, unwichtige Gründe. Einerseits hat das Konvertieren der einzelnen Aufnahmen sehr viel länger gedauert als angenommen, dann hatte der Mix und das Mastering erst etwas später beginnen können als geplant. Zu guter Letzt hatte das Layout und das Presswerk für die Doppel-Vinyl dann noch wesentlich länger gebraucht als wir es vorerst wollten. An sich ist das alles aber unwichtig, da die Qualität der Aufnahmen ja durch die Verspätung nicht abgenommen hat.

Zusammen mit deinem Weggefährten Marcel hast du Wöljäger ins Leben gerufen. Magst du unseren Lesern zum Abschluss noch etwas zu diesem entmetallisierten Projekt verraten?

Im Kern besteht Wöljager aus Árni, Marsél und mir, also aus den Kernmitgliedern von Árstíðir lífsins. Die Musik und vor allem die Lyrics werden aber fast komplett von Marsél geschrieben (wenn auch Árni die gesamten klassischen Arrangements übernimmt). Marsél hatte bereits seit etlichen Jahren die Idee, plattdeutsche Lyrik mit passender, düsterer Folklore zu vertonen. Als er dann mit der Zeit genügend Material zusammen hatte, trat er an uns und fragte, ob wir ihm bei den Aufnahmen behilflich sein könnten. Das taten wir natürlich gerne. Mittlerweile ist aus dem anfänglichen Ein-Album-Konzept eine Band geworden, die wahrscheinlich noch weitere Alben aufnehmen wird. Das Debut „Van’t Liewen un Stiäwen“ wird hoffentlich noch im Sommer 2015 erscheinen. Einen ersten Höreindruck gibt es HIER.

Nochmals vielen Dank fürs Beantworten der Fragen! Viel Erfolg mit deinen Projekten in der Zukunft!

Vielen Dank für das Interview. Hört einmal in „Aldafǫðr ok munka dróttinn“ rein, es sollte euch nicht enttäuschen. Ván Records haben es bereits komplett auf unserem BandCamp-Profil hochgeladen, zu finden HIER. Die Doppel-CD und das Doppel-Vinyl werden am 06.03.2015 weltweit via Ván Records/Soulfood veröffentlicht.

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