69 Chambers

Verfasst am 19. Oktober 2012 von Michael Klein (Kategorie: Interviews) — 2.592 views

PS & Adrenalin

Man kann bekannte, musikalische Zutaten durchaus so mischen, dass dabei noch etwas frischklingendes herauskommt. Dies bewies die Schweizer Formation 69 Chambers zuletzt mit „Torque“ – einem vergnüglichen Bastard aus Rock und Metal mit Frauenstimme. Ausgezeichnet durch einen erdigen, ehrlichen Sound ohne Schnörkel hat auch unser Redakteur Mathias bei seiner Rezension im April schon  festgehalten: „Wer auf der Suche nach Metal ist, der nicht kompromisslos auf Härte ausgelegt ist, sollte unbedingt mal reinhören.“
Einen nicht unerheblichen Anteil daran hat Frontlady Nina, die dem Material der 69 Chambers einen eigenständigen Stempel aufdrückt.

Wir sprachen mit der äußerst sympathischen Schweizerin kurz vor ihrem Auftritt im Aschaffenbuger Colos-Saal im Vorprogramm von Delain.

Metal-Aschaffenburg: Hi, Nina! Wie gefällt euch die Tour bis jetzt?

Nina: So far, so good. Ich denke, das bringt es schon für eine Band wie uns – auf ein Publikum loszugehen, das uns noch nicht so kennt. Es ist für uns ja auch die erste größere, zusammenhängende Tour in Deutschland. In Spanien und Frankreich kennen uns definitiv mehr Leute.
Ich habe gestern noch ins Publikum gefragt, wer uns kennt und da haben sich dann gerade einmal drei Leute gemeldet. (lacht) Aber die Resonanzen sind bisher gut.
Unsere Sorge war, dass das Tour-Paket nicht so richtig passt, denn es sind zwar drei Bands mit Sängerin – aber eben doch alle drei sehr unterschiedlich. Aber die Befürchtungen haben sich nicht bestätigt – es klappt alles ziemlich gut bis jetzt.

Ich stelle mir vor, dass diese Tour sich vollkommen Gegensätzlich zu einem anderen Konzert verhält, das ihr vor einigen Wochen gespielt habt: Ihr wart auf das Montreux Jazz Festival eingeladen. Wie war es denn dort?

Das war unglaublich! Alleine an der Organisation und so merkt man, dass das eine andere Liga ist. Es war ein riesiges Erlebnis. Wir waren dort quasi der Support von Nightwish und entsprechend war das Publikum dort viel, viel größer.
Ich schätze es aber auch, wenn man so wie jetzt auf der Club-Tour – nah am Publikum ist und sieht, was in den Gesichtern vor sich geht. In Montreux hat man gar keine Gesichter gesehen.

Wenn du bei einem Konzert in kritische Gesichter blickst, steckt die Zurückhaltung der Fans an oder spornt sie dich an noch mehr zu geben?

Hmm. Die Gefahr besteht schon, dass man sich da fallen lässt. Aber wir haben schon so viele Gigs gespielt, bei denen die Leute nur versteinert geguckt haben und man gedacht hat: Scheiße, das war jetzt gar nichts – aber die Reaktionen danach waren komplett das Gegenteil. Wie sind ja jetzt auch keine Partyband, die ständig das Publikum motiviert – von daher ist das bei uns eh etwas anders.

Ihr promotet auf der Tour euer noch aktuelles Album „Torque“, welches ich nach wie vor super finde! Zur ersten Single „Cause And Effect“ gibt es ein geniales Video. Das war eine ziemlich aufwendige Produktion, oder?

Ja, da haben wir schon einiges investiert. Finanziell lohnt sich das nicht, aber für uns war es wichtig – wie auch beim Album – einen gewissen Anspruch zu befriedigen, eine bestimmte Qualität zu haben. Ich meine – es gibt Bands, die produzieren für 3000,- Euro ihre komplette CD – bei uns kostet es das zigfache und man holt das nie wieder rein. Aber wer will noch mit Musik Geld verdienen? Das ist doch sehr illusorisch geworden. Wir haben eine Vision und versuchen diese möglich zu machen. Es ist uns auch wichtig, dass auf der Bühne alles ehrlich und erdig wiederzugeben. Ich finde, dass viele Bands live sehr steril klingen – unter anderem, weil viel vom Band kommt – wir wollen live eigentlich genau das Gegenteil.

Das kann ich absolut nachvollziehen. Dieses streben nach Perfektion bei einem Live-Konzert ist überhaupt nicht das, was ich live hören will.

Unser Schlagzeuger hat das mal sehr schön formuliert. Er sagte: Eine CD ist wie Kino und Live ist wie im Theater – auf der Bühne. Und das ist eben nicht das gleiche.

Das trifft es sehr gut! Wie ist es denn zur Zusammenarbeit mit Chrigel Glanzmann von Eluveitie gekommen?

Tommy – unser Gitarrist – hat ja unsere beiden Alben produziert. Er hat auch das aktuelle Eluveitie-Album augenommen. Ich hatte von Anfang an die Idee, dass ich gern einen Gastsänger dabei hätte. Chrigel hat sich einfach angeboten, weil er auch Schweizer ist und im weitesten Sinne in der gleichen Szene ist. Den Gedanken fand ich irgendwie gut. Wir haben dann angefragt und er ist so ein supernetter Kerl, ganz unkompliziert.

Gibt es denn noch andere Künstler, mit denen du gern mal zusammenarbeiten würdest?

Das habe ich mir noch gar nicht so überlegt. Aber wenn, dann höchstens eine Gaststimme pro Album – ich will nämlich nicht so ein „Featuring“-Album machen. Wir haben ja schon lange überlegt, wie wir das live machen wollen. Von Band geht gar nicht – also mache ich das jetzt. Aber das ist halt schon ein gewisser Kompromiss und bei mehr als einem Song will ich diesen Kompromiss nicht eingehen.

Chrigel spielt ja auch im Video zu „Cause And Effect mit. Außerdem gab es dazu ein cooles Gewinnspiel, bei dem die Leute erraten mussten, welches Auto du darin fährst. Hat es denn jemand erraten?

Es haben erstaunlich viele erraten – das hätte ich niemals gedacht. Naja – was heißt viele (lacht) – es waren so ca. zehn Personen. Aber es war auch wirklich schwierig! Ich arbeite ja auch in der Automobilbranche und habe dort viele Leute gefragt, von denen es auch nur ganz wenige wussten…

Und welches Modell war es denn nun?

Es war ein ISO Rivolta. Das ist im Grunde eine Pininfarina-Karosserie mit einem Chevy-Motor. Sehr, sehr exklusiv!

Es gibt von die ein cooles Statement im Internet zu lesen: „Eine Gitarre oder ein Bass müssen genau so böse klingen wie der luftgekühlte Motor eines alten Porsche.“ Viktor Smolski – Gitarrist der Band Rage und begnadeter Rennfahrer – sagt immer, dass das Cockpit für ihn der einzige Ort ist, an dem er nicht ständig über Musik nachdenkt. Welcher Platz ist das Cockpit für dich?

Ah – interessant. Für mich ist das Auto schon immer ein Ort, an dem ich über Musik nachdenke. Vor allem in der Vorproduktion. Da laufen dann immer die rohen Songs im Auto und ich denke über die Gesangslinien nach. Und weil man im Auto so konzentriert auf die Straße ist und gleichzeitig mithört, fallen mir dann Parts auf, die funktionieren bzw. nicht funktionieren.
Wenn ich ein richtiges Rennen mitfahre, dann bin ich aber auch komplett aufs Fahren konzentriert. Der Adrenalinpegel, den man in diesem Moment hat, kommt aber dem sehr nahe, den man auf der Bühne hat.

Hast du denn – abgesehen von deinem schwarzen Porsche – ein Lieblingsauto?

Also, wenn ich viel Geld zum Verschwenden hätte, dann würde ich viele Autos kaufen. Im Grunde stehe ich auf ältere Autos – wobei ich neulich einen neuen Maserati GT Sport gefahren und dieser Sound ist Wahnsinn! Das hat mich sehr beeindruckt.

Für mich haben Musik und Autos schon immer gut zusammengepasst. Sound & Groove sind nur zwei Gemeinsamkeiten…

…und beides hat etwas Technisches und Emotionales! Man muss die Technik im Griff haben – und gleichzeitig ist es etwas unglaublich Berauschendes.
Meine Vorlieben sind laut und roh – also luftgekühlt, nicht wassergekült.

Arbeitet ihr denn schon an neuem Material?

Bis jetzt noch nicht, weil ich noch nicht den Kopf dafür hatte. Aber es schwirren so langsam einige Ideen im Raum!

Schön zu hören. Vielen Dank Nina, dass du dir die Zeit für dieses kleine Interview genommen hast und alles Gute für die Zukunft!

www.69Chambers.com

 

PS: wer sich mehr für das Thema Schweiz und Motorsport interessiert, dem sei das Buch „Die Aussenseiter – Schweizer im internationalen Autorennsport seit 1950“ empfohlen, das Nina mitgeschrieben hat.

 

(mk)

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