Boysetsfire | 20th Anniversary Tour

Verfasst am 05. Oktober 2014 von Michael Klein (Kategorie: Konzert-Rezensionen) — 1.788 views

01.-03.10.2014 – Grünspan, Hamburg

Eine Band, vier Konzerte an drei Tagen, eine Liebe und millionenfache Vorfreude!
Als ich mir Ende Mai grade noch so zwei 3-Tages-Bundles sichern konnte, war das Einzige, was mich störte, die vier Monate, die ich noch warten musste, bis es endlich so weit war!
Nur wenige Bands haben mich durch einen so großen Teil meines Lebens begleitet und meinen Musikgeschmack so geprägt wie Boysetsfire. Kaum eine Band hat so zuverlässig erstklassige Alben geliefert und so bemerkenswerte Live-Shows hingelegt.
Groß war die Trauer, als 2007 die Auflösung bekannt gegeben wurde – noch größer die Freude, als sich die Band 2010 wiedervereinte.

20 Jahre… Zusammengefasst in drei Alben und einem Akustikset.
Was die fünf Jungs da auf die Bühne gebracht haben, ist der Wahnsinn und kaum zu beschreiben.
Jeder, der eine Band hatte oder hat, weiß bestimmt wie das ist, wenn man einen Song hat, den man vielleicht einen oder zwei Monate nicht gespielt hat. Da wird es dann schon oft recht schwer, wieder alles auf die Reihe zu bekommen.
Aber was, wenn man den Song vor 20 Jahren geschrieben hat und nie live gespielt hat?
Oder noch eine Nummer schwieriger: Noch nie am Stück gespielt hat. Im Studio immer alles in mehreren Takes aufgenommen hat.
Eine riesige Aufgabe, die sich die Band da gestellt hat!
Und so wird diese 20 Jahresfeier zu so was wie einem ersten Gig.
Gespielt von absoluten Profis. Die Tatsache, dass Sänger Nathan immer mal wieder seine Texte rauskramt, ohne ein Geheimnis daraus zu machen, dass er schlicht die Texte nicht mehr genau kennt, lässt das Geschehen auf der Bühne nur noch sympathischer erscheinen.
Wenn man bedenkt, dass sich die Band lediglich zwei Tage vor der ersten Show in Berlin getroffen hatte um zu proben, dann ist die Leistung dieser drei Tage überirdisch gut.

Der erste Abend, erstes Album, das erste mal Ekstase.

IMG_2540Die Vorband This Routine Is Hell war leider nicht sehr nach meinem Geschmack. Sie wäre bestimmt besser rübergekommen, wenn man sie in einem kleinen Jugendzentrum oder ähnlichem gesehen hätte. Vollgestopft mit zig Menschen, die Texte mitschreien und sich übereinander stapeln. Aber auf der großen Bühne im Grünspan wirkten sie leider etwas fehl am Platz. Schade.
Dann betreten die Hauptakteure die Bühne. „After The Eulogy“ steht auf dem Plan und mit dem gleichnamigen Song geht’s auch los. Der ganze Saal brüllt mit: „RISE RISE RISE…!“, von 0 auf 100 in weniger als einer Sekunde, wer kann da schon mithalten?
Als wäre es nicht schon warm genug müssen jetzt nach dem ersten Lied gute 35 Grad herrschen. Nein, es gibt keine Klimaanlage. Ja, es gibt eine Lüftung, aber die hilft so viel, als würde man versuchen Frischluft durch ein Schlüsselloch zu pusten.
Nach knapp einer Stunde hat die Band ihre Feuertaufe überstanden und „After The Eulogy“ ist durchgespielt. Es gibt noch eine schöne Zugabe mit Songs von den restlichen Alben und schon ist der erste Abend vorbei.
Das dürfte alle Anwesenden auch zu einem kleinen Teil freuen, denn jetzt darf man endlich raus und an die frische Luft. Denn im Grünspan ist es nicht nur abartig warm (die Musiker sehen aus als wären sie in Klamotten ins Wasser gesprungen), man bekommt auch keinen Stempel, um mal eben raus an die frische Luft zu gehen. Raus gehen heißt draußen bleiben.
Sollte ich jemals wieder eine Beschwerde über die Temperatur in der Batschkapp, Schlachthof oder Colos-Saal zu hören bekommen, dann werde ich nur müde lächeln.

Tag zwei! Alle frisch erholt, alle wieder fit, der Laden gelüftet und noch bei erträglichen 20 Grad.

Heute eröffnen The Tidal Sleep den Abend. Die passen schon sehr viel besser hier her, was man auch dem Publikum ansieht.
Tolle Band, wer sie nicht kennt sollte da mal reinhören.

Heute steht „Tomorrow Come Today“ auf dem Plan. 12 Songs voller Energie, die Band und Publikum alles abverlangen. Der Saal kocht, nicht nur auf Grund der bereits beschriebenen tropischen Temperaturen. Die Band wirkt mindestens so glücklich wie das Publikum. Natürlich gibt es auch heute eine Zugabe mit einigen Stücken, die nicht auf „Tomorrow Come Today“ vertreten waren.

Dann kühle Nachtluft genießen, abkühlen, auf die Reeperbahn eilen, um die gefühlten 3 Liter verlorene Flüssigkeit aufzufüllen.

Freitag…das bedeutet der letzte Abend.

IMG_2478Wir dürfen zusammen mit den 248 anderen Besitzern eines Drei-Tages-Tickets schon eine Stunde vor den übrigen Besuchern in den Saal und bekommen, sozusagen als Treuebonus, eine kurzes Akustikkonzert von Sänger Nathan und Gitarrist Chad geboten.
Auch hier holpert es ein-, zweimal, aber die offene Art, mit der die Band damit umgeht, macht alles sofort vergeben und vergessen.

Die heutige Vorband heißt Crazy Arm. Zugegeben kannte ich diese bisher noch gar nicht. Das tut der tollen Stimmung, die die Band verbreitete, allerdings keinen Abbruch. Alles in allem wurde bei der Auswahl der Vorbands ein recht gutes Händchen bewiesen, Hut ab dafür.

Und schon geht es los mit „The Misery Index“. Für mich persönlich das Highlight, da sich einige meiner Lieblingssongs auf diesem Album befinden. Ein Album, das sehr emotional ist und auch der Band sehr wichtig ist und viel bedeutet, wie sie dem Publikum erklärt. Die Temperaturen erreichen ungeahnte Höchstwerte, was der Kreislauf einiger junger Damen nicht besonders gut verkraftet. Dem Rest des Publikums ist das aber egal, immerhin ist das die letzte Möglichkeit hier mit der Band zu feiern. Jedes Lied ein Knaller, tosender Applaus nach jeder letzten, Jubel bei jeder ersten Note eines Liedes.

Als alles vorbei ist, bin ich zwar traurig, dass es das jetzt war, aber glücklich dabei gewesen zu sein.
Selten bekommt man die Chance einer Band so nah zu sein, wie in den Momenten wenn sie während eines Songs stoppen und zugeben, es verkackt zu haben, nochmal anfangen und ihr Publikum um Verzeihung bitten.
Diese drei Tage wird mit Sicherheit keiner der Anwesenden so schnell vergessen! (Dave Brey)

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