Asyringe

Verfasst am 01. Dezember 2011 von Michael Klein (Kategorie: Band Of The Month, Interviews) — 2.574 views

Endzeit.

Man darf es eindeutig als Qualitätsmerkmal verstehen, wenn bereits vor Veröffentlichung des Debüt-Albums große Erwartungen im Raum stehen.

Aber die Konzerte der Band prophezeien bereits im Vorfeld ein Album, das ganz sicher mehr als nur regional Aufsehen erregen wird.
Deshalb ließen wir es uns auch nicht nehmen, die fünf Herren von Asyringe vorab schon mal zum Gespräch zu bitten – damit später dann niemand jammert, wir hätten nichts von diesem Glanzlicht erzählt…

Metal-Aschaffenburg: Hallo Asyringe! Für diejenigen, die euch noch nicht kennen: Lasst uns zuerst kurz über die Entstehung der Band sprechen. Ihr wurdet 2006 noch unter dem Namen Nightmare After Eden von Sänger Ash und Drummer Sam gegründet und habt in der Anfangszeit englischsprachigen Metal gemacht. Erst später habt ihr euch in Asyringe umbenannt und eure Texte auf Deutsch umgestellt.
Wie kam es denn damals zu diesem Wandel?

Ash: Das ist so nicht ganz korrekt. Mit Asyringe haben wir ebenso anfangs englischsprachigen Metal gemacht und waren stark von den damals aktuellen Mainstream-Bands beeinflusst.
Dieser Zug scheint zwar weiterhin gut auf der Metalcore-Schiene zu fahren, uns wurde er jedoch sehr schnell zu langweilig, eintönig und abgedroschen. So kam es dazu, dass ich die ersten deutschen Lyrics beisteuerte – zu „Abgesang“, welcher auch auf unserer ersten Demo von 2010 „Liquid Memories Of Freedom“ vertreten ist.

Nun gab es zweierlei Gründe, weshalb wir uns entschlossen haben, weiterhin deutsche Songs zu schreiben: Zum einen die positive Resonanz bezüglich „Abgesang“ und zum anderen die Tatsache, dass es kaum gescheite Bands gibt, welche deutschen Metal machen; rein lyrisch betrachtet. Die Jugend von heute verständigt sich in einer Sprache fernab der Deutschen, was sich auch stark auf die Rechtschreibung auswirkt und wir hoffen, dass es honoriert wird, dass es doch auch noch Bands gibt die versuchen, dem entgegenzuwirken. Bisher war die Resonanz durchweg positiv, zumal ich auch recht klar und deutlich singe/schreie und somit die Texte selbst live und ohne Vorkenntnisse verständlich sind.

Derzeit seid ihr dabei, euer Demo neu einzuspielen, richtig? Ihr werdet dieses jedoch modifizieren und ergänzen und unter dem Titel „Endzeit“ laufen lassen.
Wie weit sind denn die arbeiten? Welche Songs werden den Weg darauf finden?

Phil: Fast richtig, „Endzeit“ ist ein eigenständiges Produkt und wird nur einen oder zwei Songs unserer Demo „Liquid Memories Of Freedom“ beinhalten. Das hat den Grund, dass wir uns zwischen dem Songwriting des Demos und jetzt thematisch und auch musikalisch in eine düsterere und mystischere Richtung entwickelt haben und die Songs unserer Demo nicht ins das Gesamtbild von „Endzeit“ passen würden. Zudem wollen wir etwas schaffen, das konsequent unsere neu eingeschlagene Linie repräsentiert.
Wir befinden uns momentan in den letzten Zügen der Aufnahmen, ein paar Bass-Recordings fehlen noch, dann ist soweit alles im Kasten. Das Mischen der bereits kompletten Songs ist auch schon in der Mache und wir sind sehr zufrieden.
Definitiv wird der Song „Abgesang“ den Weg auf das neue Album finden.

Werdet ihr auch das Corey-Hart-Cover „Sunglasses At The Night“, das ihr auf manchen Gigs spielt, mit darauf packen? Wer kam denn auf die Idee, dieses Stück zu covern – und warum ausgerechnet diese Nummer?

Phil: „Gory Heart“ ist für uns mehr als Zugabe für Konzerte gedacht und wird nicht auf „Endzeit“ erscheinen, da auch dieser Song nicht in das Konzept des Albums passt. Geplant ist, den Song als kleines Goodie für unsere Fans zum Download anzubieten. Die Idee zu „Gory Heart“ kam uns eher zufällig, als Sandro und ich auf einer Party das „I Wear My Sunglasses At Night“-Cover von Tiga & Zyntherius gehört haben und uns dachten, dass der Song auch als Metal-Version gut kommen würde.

Wer schreibt denn eigentlich die Songs bei euch?

Phil: Meist liefern Sandro und ich das Song Grundgerüst und wir arbeiten dann zusammen mit den anderen Jungs Aufbau, Breaks, Wiederholungen, etc aus. Die Texte werden von Ash geschrieben.

Beim Asyringe-Logo gab es eine interessante Änderung. Auf „Liquid Memories Of Freedom“ ist noch eine (namensgebende) Injektionsspritze mit in den Schriftzug eingebunden, auf dem Vorab-Coverentwurf und den Shirts sieht man stattdessen ein Sturmgewehr. Ist dies eine bewusste Entscheidung, um auf eine höhere Durchschlagskraft hinzudeuten?

Martin: Das ist richtig, beim ersten Logo-Entwurf war die Spritze mit eingebaut, um den Leuten ein bisschen das große Raten abzunehmen, was der Bandname denn bedeuten soll.
Damals waren Ashs Texte ja auch noch auf Englisch und drehten sich um andere Themen, es war alles roher, dreckiger, weniger mystisch. Da passte die versiffte Spritze natürlich wie die Faust aufs Auge. Ash meinte dann eines Tages, er möchte mal einen Song auf Deutsch versuchen, das war dann „Abgesang“, und der Grundstein für die neue Richtung.
Das Coverartwork (ist tatsächlich nur ein Entwurf bislang) und das daraus abgeleitete Shirt-Design waren jetzt nicht per se dafür gedacht, das alte Logo abzulösen, tatsächlich passt das martialische darin aber auch einfach irgendwie besser zur neuen Richtung. Dass es letztendlich ein M4-Gewehr geworden ist (übrigens auch ein Symbol für kapitalistischen Imperialismus), war in erster Linie genauso eine optische, wie eine inhaltliche Entscheidung: in dem Song „Abgesang“ geht es um einen jungen Mann (einen Freund von Ash), der aus dem Kosovo-Krieg traumatisiert heimkehrt – daher auch die „Dog-Tag“-Erkennungsmarken, die Vögel und die Baumkrone sind ebenfalls bildliche Anspielungen auf Textzeilen. Und genau wie die Spritze im alten Design, ist das Gewehr das Instrument, welches das Verderben bringt – was wiederum gut zu „Endzeit“ passt. Aber das mit der „Durchschlagskraft“ ist auch super, das muss ich mir merken!

Asyringe ist sehr aktiv im Web. Ihr seid bei MySpace, LastFM, Twitter, Facebook, Google+ und YouTube und habt sogar ein BandApp für Smartphones! Ist die weit gefächerte Web-Präsenz für eine Band inzwischen unverzichtbar? Wie weit ist die massive Vernetzung eine Hilfe, und wie weit Krücke? Lohnt sich die Arbeit, die man beispielsweise in eine Facebook-Seite steckt, wenn dann kaum Reaktionen erfolgen?

Martin: Die Frage stelle ich mir selbst sehr oft – ich habe gerade erst neulich „Web-Inventur“ gemacht… mal alles durchgeschaut, wo Asyringe einen Account hat.
Da könnte man fast ein bisschen verzweifeln, denn es gibt so dermaßen viel, dass man nie wirklich einen Überblick über alles haben kann. Wir haben das inzwischen so geregelt, dass nach Möglichkeit immer Phil und ich beide Zugriff auf alle Accounts haben, und die updaten wir dann eben so nebenbei, Mittagspause oder nach Feierabend eben. Das macht nicht so viel Arbeit, wie es scheint.
Und was Reaktionen etc. angeht: das sind heutzutage alles Optionen, die man früher – und damit meine ich jetzt, vor nicht mal 15 Jahren! – in der Form überhaupt nicht erst hatte. „Damals“ war noch viel mehr Fokus auf Postern, Flyern, etc… und dazu bekam man, wenn überhaupt, nur dann eine Reaktion, wenn man dann im Idealfall eben vor ausverkauftem Haus gespielt hat.
Wenn heute 300 Leute auf Facebook bei einer Veranstaltung auf „nehme teil“ klicken, kann man froh sein, wenn 150 auftauchen, von daher gebe ich auf so was nicht viel Wert. Man darf auf der anderen Seite die ganze Internetgeschichte aber auch nicht unterschätzen: Von Labels und Plattenfirmen hat man nichts groß zu erwarten, dafür kann man eben vieles heute einfach selbst machen, bis hin zum Online-Vertrieb von Shirts und Musik. Was man selbst machen kann, sollte man selbst tun, wenn man irgendwo mit der ganzen Sache hin will! In Zukunft planen wir, auf unserer eigenen Webseite Asyringe.net (derzeit im Aufbau) die wichtigsten Web-2.0-Kanäle zu bündeln und zu verlinken, quasi die Seite als „Asyringe-Portal“ zu benutzen. Von da aus kann dann jeder bequem zu den Inhalten, die er sucht, ob das Musik, Social Networks, Videos oder eben die Smartphone-App ist. Dafür müssen wir uns nur mal die Zeit nehmen. Und was die Sache von wegen Qualität vs. Quantität angeht: Hey, dann spritzen wir unser „Gift“ eben anstatt mit einer großen, lieber mit tausenden kleiner Nadeln ins Volk! Die Wirkung wird sich früher oder später so oder so einstellen.

Euer Promo Foto mit Wein, Bier und Kerzen erinnert mich an das letzte Abendmahl (ich nehme an, absichtlich) – inwieweit spielen religiöse und okkulte Themen eine Rolle in der Darstellung (Texte & Auftreten) von Asyringe (Stichwort „Kalis Tränen“, „Abgesang“ & Co.)?

Ash: Absicht war dies eigentlich nicht und das Bild kann verschieden gedeutet werden. In einem Wort umschrieben steht es für Dekadenz. Für mich persönlich spielt es eine große Rolle, meine Gefühle in den Liedern zum Ausdruck zu bringen und dies umfasst die komplette Palette. So schreibe ich Texte, mit den verschiedensten Emotionen und Themen; mal persönlicher, mal verallgemeinert. „Abgesang“ z. B. ist ein sehr persönliches Lied, einem guten Freund gewidmet, welcher als Soldat im Kosovo war und nach seiner Rückkehr nicht mehr derselbe war; das lächerliche Rückkehrerseminar der Bundeswehr und die mangelnde psychologische Betreuung sorgten dafür, dass er sehr lange Zeit benötigte, um wieder im Alltag klar zu kommen. Außerdem verlor er seine Stelle als Zeitsoldat und war jahrelang nicht fähig, einer neuen Arbeit nachzugehen („die Sonne kehrt mir den Rücken – ich kehre heim“).
Ich persönlich beschäftige mich sehr intensiv mit Okkultismus und bringe dies auch gerne mal in unsere Lieder ein, aber auch nur dann, wenn es die Stimmung zulässt, so z. B. in dem von dir genannten Song „Kalis Tränen“ oder im neuen Stück „Missa Sinistra“ (Schwarze Messe). Ich lasse mich da von meiner inneren Flamme leiten und die Feder von den dunklen Göttern der Schattenseite führen. Die Gefühle, welche ich dabei empfinde treiben mich auch auf der Bühne beim performen dieser Songs an, was ein sehr intensives Erlebnis für mich ist und für die Zuschauer sein kann. Der Rest der Band ist eher atheistisch eingestellt, soweit ich das beurteilen kann, aber ich würde mal behaupten, dass es keinen Unterschied macht, ob nun die Mitglieder alle die gleiche Glaubenseinstellung haben oder nicht, solange man einen gemeinsamen Nenner dabei findet und den haben wir mit Asyringe ins Leben gerufen. Wichtig bei den Liveshows ist uns, dass wir die Emotionen, den Hass, die Wut und die Verachtung auch in die Köpfe der Zuschauer „impfen“ – ob das nun positiv oder negativ aufgenommen wird, ist egal. Ob die Leute uns nach einem Konzert dafür hassen oder lieben spielt keine Rolle, Hauptsache, wir bleiben wie Gedankengift in den Köpfen der Masse.

Vielen Dank für das interessante Interview!
Ich bin mir sicher, dass wir von euch noch viel hören werden (spätestens zum Release von „Endzeit“!). Wenn ihr noch etwas loswerden möchtet, könnt ihr das hier noch tun.

An dieser Stelle einen Gruß an all unsere treuen Fans und Freunde, die uns dabei unterstützen und ohne die es nur halb so schön wäre!

Wir möchten natürlich auch dem Team von Metal-Aschaffenburg für die bisherigen guten Reviews, die Unterstützung und natürlich auch für die Gelegenheit zu diesem Interview danken! Gerade als Band die zu 4/5teln aus Frankfurt kommt, ist es schön zu sehen, wie groß und engagiert die Metal-Szene in einer doch relativ „kleinen“ Stadt wie Aschaffenburg ist, und dass ein Blog wie Metal-Aschaffenburg auch Bands aus dem hessischen Feindesland eine Plattform bietet.

Um das Interview mit einem Zitat von Friedrich Rückert zu beenden,
Der Teufel hat die Welt verlassen, weil er weiß, die Menschen machen selbst die Hölle einander heiß.

(mk)

www.Asyringe.net

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