Der Weg Einer Freiheit – „Stellar

Verfasst am 19. März 2015 von A. Wissel (Kategorie: CD-Rezensionen) — 2.144 views

Manchmal erheitern einen Zufälle auf eine äußerst positive Weise und man kann schon fast über einen ausgeklügelten Plan sprechen, wenn am 20. März 2015 in Deutschland das seltene Phänomen einer partiellen Sonnenfinsternis eintritt und gleichzeitig die Würzburg-Schwarzwald Formation Der Weg einer Freiheit ihr drittes Album namens „Stellar“ mit diesem stellaren Phänomen auf dem Cover veröffentlichen.

Fast drei lange Jahre nach der Veröffentlichung von „Unstille“, einer Headliner-Tour und dem Ausstieg von Sänger Tobias, gibt es endlich neuen Stoff für Leib und Seele. Grundsätzliche Pessimisten dürfen aufatmen, denn das Album ist wundervoll geworden.

Die Weiterentwicklung zur letzten Platte manifestiert sich zum einen im Gesamtkontext, da die Lieder sehr schlüssig aufeinander abgestimmt sind und trotzdem jedes Lied einzeln für sich stehen und angehört werden kann. Allerdings entfaltet sich die volle Pracht erst im Zusammenspiel am Stück. Wenn man den langsamen Beginn des Albums mit „Repulsion“ und die steigende Dynamik der Songs als Gesamtwerk betrachtet, welches mit dem Epilog und Monument der „Letzten Sonne“ am Ende abgeschlossen wird, kann man einen gewissen dramaturgischen Aufbau erkennen, den ich in vielen Platten vermisse. Toll!
Das Wichtigere und Herausragende von Stellar ist die Detailarbeit, die in jedem der sechs Lieder steckt. Die Kompositionen sind heruntergebrochen bis auf die einzelne Note arrangiert. Kein Teil wird zu lange, oder zu oft gespielt. Tempowechsel und das variable Spiel der unterschiedlichen Instrumente machen jeden Hördurchgang zur Entdeckungsreise. Als zentrales Leitthema bedient sich jeder Song einer gewissen Epik und Majestät auf seine individuelle Art und Weise. Die klassischen Trademarks der Band sind da, allerdings ist der Klangkosmos noch stark erweitert worden. Neben toller Rhythmik und Melodieführung finden sich auch andere Instrumente (Cello, Piano, klarer Gesang, „Gitarrensolo“) als Stilmittel wieder. Die Rolle des Sängers, der sich lyrisch mit zwischenmenschlichen und inneren Dämonen und Ängsten auseinandersetzt, übernimmt Hauptschreiber Nikita Kamprad sehr gut. Seine Stimme bringt einen sehr aggressiven Touch in die Lieder und erzeugt einen zusätzlichen Gegenpol zwischen dem warmen Sound der Gitarren und der geilen Ballerei der Rhythmusfraktion.

Apropos Sound: Die Veröffentlichungen auf YouTube und im Stream vorab fanden einige Hörer klanglich unzureichend. Der Sound war definitiv nicht repräsentativ, da scheinbar sehr viel Dynamik durch die Kompression verloren geht. Auf der heimischen Anlage hat die Scheibe dann den Raum sich voll zu entfalten. Der untere Bereich der Frequenzen ist auf den Punkt produziert und ballert mit ordentlichem Druck, während der obere Bereich in den Spitzen Hörschäden und Glücksgefühle gleichzeitig erzeugt (erinnert mich manchmal an „Nattens Madrigal“ von Ulver). Vergleichbar ist der Sound vielleicht mit neueren Marduk, aber durch die zusätzliche organische Wärme hat es etwas ganz Eigenes. Aufgenommen wurde dieses Mal bei Jan Kerscher von Ghost City Recordings, der für die Aschaffenburger Bands The August (Nico Rausch war mal Live-Gitarrist bei DWEF) und Together (schmerzlichst vermisst) auch schon seine heiligen Hallen bereitgestellt hat. Auf der Special Edition bzw. zusätzlichen 7′ gibt es eine Neuinterpretation von „Unendlich“ seiner Band Like Lovers zu hören. Eine weitere Verbindung zu den A’burger Bands gibt es durch den ehemaligen Aschaffenburger Max Löffler, der sich für die Cover von allen drei Platten verantwortlich zeigt (übrigens auch für unser zweites Heft).

Dass sich neben Nikita auch andere herausragende Musiker in der Band befinden, zeigt die zweite Band der anderen Musiker Fuck You And Die, sowie die Solo-Stücke des Schlagzeugers Tobias Schuler (geil) und Brannthorde mit dem Bassisten Giuliano Barbieri.

Zusammenfassend ist die Scheibe ein echtes Highlight geworden, da kreative und stimmige Songs auf einen eigenartig warmen Sound treffen, ohne ihre aggressive Seite einzubüßen. So trifft das Albumcover den Sound sehr treffend. Dunkel mit einem Hauch von Licht. Sammelt man Stimmungen von anderen Magazinen und bekannten Musikern (z. B. Alan von Primordial) fallen diese auch durchwegs positiv aus. Man darf wohl zum verdienten Durchbruch gratulieren! (aw)


stellar

Bewertung: 15/15 Punkte
Genre: Black Metal
Herkunft: Deutschland
Label: Season Of Mist
Veröffentlichungsdatum: 20.03.2015
Homepage: www.DerWegEinerFreiheit.de

Tracklist

  1. Repulsion
  2. Requiem
  3. Einkehr
  4. Verbund
  5. Eiswanderer
  6. Letzte Sonne


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