The Suicide Kings

Verfasst am 01. Februar 2014 von Michael Klein (Kategorie: Band Of The Month, Interviews) — 2.746 views

Passion and life

Eigentlich sollte dieses Interview im Rahmen einer Listening-Session vor dem Release des vierten Albums der Suicide Kings stattfinden.
Doch dann kam eines zum anderen und wir mussten das Gespräch auf einen späteren Zeitpunkt verschieben. Sei’s drum – ein paar Wochen später gibt es sogar noch etwas mehr zu erzählen, denn in der Zwischenzeit ist bei den Hessen viel passiert. Neben der abgeschlossenen Tour mit Betzefer, Pride Shall Fall und Blackest Dawn haben die Jungs auch ein Video abgedreht.
Wir trafen uns mit Sänger Rüdiger, Gitarrist Tober und Bassist Chris und plauderten in gemütlicher Runde über die vergangenen Wochen…

The Suicide Kings
Metal-Aschaffenburg: Erzählt doch mal von der Tour mit Betzefer! Wie waren denn die Zuschauerresonanzen?

Rüdiger: Hamburg war okay. Berlin war gut. In Adelsheim durch die Verlegung fast gar nichts los.

Chris: Ja, die Verlegung war blöd – aber anders nicht umsetzbar. Da haben halt viele, die ein Ticket für München hatten, ihres wieder zurückgegeben.

Rüdiger: Köln war dann aber wieder gut. Es war insgesamt nie ausverkauft, aber auch nie leer.

Betzefer sind aber auch nicht gerade eine Band, die hierzulande viel tourt und dementsprechend Hallen voll macht.

Chris: Ja, wobei sie in Israel tatsächlich immer vor 500-1000 Fans spielen.

Rüdiger: Und es kannte kaum jemand deren neues Album, da die Veröffentlichung verschoben wurde und die CD dann erst kurz vor der Tour auf den Markt kam.

Chris: Aber die sind live unglaublich gut! Viel besser als auf Platte.

Und ihr hattet vier Tage Party, oder?

Rüdiger: Im Nightliner!

Chris: Ja, und vier Tage im Vollrausch, haha! Wir haben’s schon ordentlich krachen lassen – bis auf Rüdiger, der auf seine Stimme aufpassen musste.
Ich kann mich nicht erinnern, in den letzten fünf, sechs Jahren jemals so zerstört gewesen zu sein.
Wir hatten Betzefer am Ende in Düsseldorf am Flughafen abgesetzt und waren dann ganz alleine mit den Tonmischern im Bus. Die Mischer haben oben geschlafen und wir haben unten Party gemacht, bis es nicht mehr ging. Ich bin irgendwann im Sitzen eingeschlafen, der Rest hat es noch irgendwie in die Kojen geschafft und dann hieß es plötzlich: „Wir sind da. Ausladen!“, das war ganz schlimm, haha.

Rüdiger: Ich habe drei Tage nichts getrunken. Aber am vierten Tag hab ich um 11 Uhr mit Jacky-Cola begonnen; bis zum Konzert und danach dann richtig gesoffen, haha.

Ich denke, dass ihr auch vor einem ganz anderen, metallastigerem Publikum gespielt habt als bisher.

(Alle): Ja.

Chris: Absolut – ein Schritt in die richtige Richtung.

The Suicide Kings Generation SuicideWas ja auch gut zum neuen Album passt. Das ist nämlich auch wieder deutlich metallischer geworden.

Chris: Wir haben ja jetzt auch einen Drummer, der das besser umsetzen kann – einen Drummer, der mehr „Metal“ ist.

Genau. The Suicide Kings arbeiten jetzt mit Doppel-Chris-Power!

Tober: Ja, genau. Wir spielen jetzt wieder mit dem Drummer, der auf unserer ersten Platte „Devil May Care“ zu hören war.

Chris: Wir mussten zwar etwas kämpfen, um ihn zu überreden – aber wir haben ihn bekommen! Er hat ja noch eine Zweitband – da war das nicht so ganz einfach.

Rüdiger: Dadurch ging dann auch das Songwriting in eine ganz andere Richtung.

Es ist auch euer bisher abwechslungsreichstes Album.

Chris: Ja, witzig ist, dass es Reviews gibt, die sagen: monoton.

Aber die Resonanzen sind insgesamt doch ziemlich gut, oder?

Rüdiger: Ja, sehr gut bis jetzt.

Tober: Die schlechteren sind meistens auch auf Geschmacksfragen zurückzuführen.

Chris: Oder journalistische Schwächen. Da ist manches dabei – da denkt man sich: Boah, lass es lieber bleiben!

Rüdiger: Ein Mainzer hatte offensichtlich ein Problem damit, dass wir aus Hessen kommen.

Haha. Aber zurück zum Thema: Abwechslungsreichstes Album.

Tober: Diesmal waren viel mehr Leute am Songwriting beteiligt – inklusive Schlagzeuger.

Chris: „E-Razed“ stammt zum Beispiel komplett von unserem Schlagzeuger.

E-Razed“ ist ein gutes Beispiel für die metallischere Ausrichtung. Dazu kommt dann der fette Mix von Alexander „Ali“ Dietz. Habt ihr alle persönlich mit ihm gearbeitet?

(Alle): Ja.

Chris: Es war schon cool, dort anzuklopfen und dann macht Alexander Dietz die Türe auf. Aufgenommen wurden dort die Drums, ein Teil vom Gesang und die Chöre.

Wie war es denn mit ihm zu arbeiten?

Chris: Im Vergleich zu Vitali war er schon bissiger. Bei Vitali wird halt zwischendrin auch viel Mist gelabert.

Tober: Bissiger vielleicht, weil man ihn auch nicht so kennt.

Rüdiger: Ali ist aber ein ganz lockerer Typ.

Tober: Ja, wenn es um’s Aufnehmen geht ist er dann sehr professionell.

Rüdiger: Die Aufnahmen haben aber extrem viel Spaß gemacht. Als Ali den Mix gemacht hat, war Eike Freese bei ihm zu Besuch und hat sich mit eingeklinkt. Das Artwork war zu dem Zeitpunkt schon in der Druckerei und ich musste alles noch mal zurückziehen, um die Credits zu ändern. Beide waren wirklich begeistert vom Album.

Bestimmt, weil es auch mal was ganz anderes war – im Vergleich zu dem, was sie sonst machen.

Chris: Die beiden haben auch saugut umgesetzt, was wir wollten!

Mich stört auch überhaupt nicht, dass das Album nur ’ne halbe Stunde lang ist.

Tober: Das entspricht genau der durchschnittlichen Arbeitswegzeit, haha.

Rüdiger: Wir machen ja auch immer noch Punkrock und bauen nicht großartig Solos ein. So bleiben die Songs halt kurz und knackig.
Eigentlich waren es elf Songs auf der Platte, aber Alexander hat einen davon rausgeschmissen, weil er davon nicht überzeugt war.

Chris: Das war mein Song… (weint tragische Tränen)

Hat Ali denn noch weiteren Einfluss auf „Generation Suicide“ gehabt?

Rüdiger: Er war aktiv beteiligt, ja.

Chris: Vor allem im Bereich Chöre hat er sich viel eingebracht und gute Ideen gehabt.

Auch das Coverartwork finde ich wieder gelungener als das von „Menticide“ zuletzt.

Rüdiger: Das ist innerhalb von zwei Wochen entstanden. Es war eigentlich ein anderes Cover geplant – was aber in die Hose ging. Jetzt war der Termin im Presswerk schon gebucht und wir standen unter Zeitdruck. Innerhalb von zwei Wochen stand dann aber zum Glück alles.

Chris: Inklusiver verschiedener Vorschläge.

Ist euch schon aufgefallen, dass das Backcover gewisse Parallelen zum Mt. Rushmore hat?

(Alle): Echt? Stimmt! Haha.

Tober: Jetzt müssen wir mal gucken, wer welcher Präsident ist.

Lasst uns noch ein bisschen über einzelne Songs und die Texte von „Generation Suicide“ reden.

Rüdiger: Der Opener „In My Eyes“ richtet sich gegen die Menschen, die den ganzen Tag nichts anderes machen als herumzumaulen, aber nicht die Eier in der Hose haben, etwas zu bewegen. Leute, die nur jammern, aber nichts ändern wollen. Die sind in meinen Augen in gewisser Weise schon tot. Manchmal muss man auch einfach Wagnisse und Risiken eingehen. Du lebst schließlich nur einmal auf diesem Planeten und musst eben manchmal aus den Mustern ausbrechen, um nicht zum Stereotypen zu verkommen.

Chris: Das ist wirklich schlimm. Wenn bei uns Schulklassen einen Rundgang machen, denkst du, da ist mal ein Punk oder Metaller dabei? Nix! Das sind nur noch Lutscher, die alle gleich aussehen!

Rüdiger: Generation Suicide!

The Suicide KingsDas Thema des Titelsongs.

Rüdiger: Ja, es bedeutet nicht – wie so manche Ochsen schreiben, dass eine Generation Selbstmord begeht, sondern darum, dass sich die Generation auf die vorhin erwähnte Weise schon längst selbst getötet hat. Das passt dann wieder zum Bandnamen. Der hat ja auch eine andere Bedeutung und nicht die wörtliche.

Tober: Der Bandname stammt ja vom gleichnamigen Film, in dem sich ein paar Typen einfach etwas trauen.

Chris: Viele sind halt einen Lifestyle gewohnt und wollen daran gar nichts mehr ändern.

Rüdiger: Der Clou ist ja: Du wirst NIE etwas vom großen Kuchen abbekommen. Also solltest du einfach das machen, was dir Spaß macht.

Tober: Man kann ja durchaus einen verrückten Lifestyle durchziehen und trotzdem ein „anständiger“ Mensch bleiben.

Wie habt ihr den Gerre für den Gastbeitrag bekommen?

Rüdiger: Wir haben einfach eine E-Mail geschrieben und er hat ja gesagt. Das war sehr cool. Er wollte nicht mal wissen welcher Song, wollte keinen Text – er war sofort dabei. Er hat mich sogar gefragt, wohin er kommen soll. Ich hab ihm dann gesagt: Natürlich hol‘ ich dich ab und fahr‘ dich wieder heim – ist doch logisch!

Tober: Er ist einfach ein saunetter Typ! Er kam sogar zum Release-Gig in Frankfurt!

Zu „E-Razed“ habt ihr ein Video abgedreht.

Rüdiger: Ja, das was für den schmalen Taler noch machbar war. Gemacht hat es Simon von ambitious.films und es wurde bei uns im Proberaum aufgenommen.

Lohnt sich ein Video heutzutage überhaupt noch?

Chris: Es ist doch saugute Werbung!

Tober: Und es macht Bock, das Ding selbst anzugucken.

Rüdiger: Das Video ist wie ein Tattoo. Das hast du ein Leben lang. Da kannst du dir dann mit 80 dann angucken wie du jung warst. Außerdem: Was wollen wir mit einem YouTube-Clip auf dem das scheiß Cover drauf ist?
Der Text von „E-Razed“ ist gegen den modernen Zeitgeist gerichtet.

Ist es nicht immer ein Widerspruch, Dinge wie Facebook zu verteufeln, aber gleichzeitig als Band zu benutzen?

Rüdiger: Das ist richtig. Aber es sind für mich zwei Paar Schuhe. Als Band nutze ich es für Werbezwecke. Anklagen tun wir aber die Privatpersonen, die jeden Tag ihre Freundesliste durchgehen und zählen.

Chris: Es gibt dadurch ja schon eine Generation von Idioten. Unsere Azubis sitzen in der Mittagspause am Tisch und statt sich zu unterhalten tippen sie in ihren Smartphones herum. Die können schon gar keine Konversation mehr führen.

Rüdiger: Das ist ja gewollt. Die Regierungen wollen dass du auf deiner Couch sitzt und satt bist, denn satte Leute gehen nicht auf die Straße.

Chris: Dabei wäre es schon längst an der Zeit…

Rüdiger: „We’re The Scum“ ist eine typische Punkrockhymne. Der Szene gewidmet. Dem Underdogtum gewidmet.

Tober: Es ist im Grunde denjenigen gewidmet, die sich mit den anderen Songtexten identifizieren können.
Für die meisten Leute steht doch der Job ganz oben auf der persönlichen Rangliste. Nichts anderes zählt mehr. Wenn man Musik machen als wichtig empfindet, dann ist das für solche Leute so, als ob du für die „alten Herren“ kickst. Ein Hobby – es wird aber nicht ernst genommen.

Rüdiger: Das ist ein total verschobenes Werteverhältnis. Es zählt nur noch der Job und das Geld mit dem man sich dann ’nen BMW kauft. Oder eine Playstation 4 und noch die X-Box dazu – weil das andere ja auch haben. Der pure Konsum. Die Leute vergessen immer mehr sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. (kurze Pause) Und das ist: Metal und Bier! Haha!

Chris: Das ist wie das Geschwätz wegen Tattoos: „Was das wieder Geld kostet!“ Aber – hey – dafür geh ich gern arbeiten. Da geb‘ ich gern Geld aus!

Tober: Vielleicht sind es auch wir, die verkorkst denken – aber für uns ist das ein Thema und deswegen ist es auch auf der Platte drauf. Wir sind aber deswegen keine miesepetrige Band – es sind auch genauso Spaß-Songs mit auf dem Album.

Genau, denn der Spaß soll nicht verloren gehen. In diesem Sinne: Es hat mir wieder sehr viel Spaß gemacht! Vielen Dank für das Interview!

(mk)

www.TheSuicideKings.de

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