Rocky Lewis

Verfasst am 01. Dezember 2012 von Michael Klein (Kategorie: Band Of The Month, Interviews) — 3.747 views

In der Kürze liegt die Würze

Den bluesigsten und rockigsten Winkeln dieser Stadt ist vor einiger Zeit das Trio Rocky Lewis entstiegen und hat mit der 3-Song-Demo von 2010 einigen Staub in den Straßen Aschaffenburgs aufgewirbelt.
Nach längerer Wartezeit ist nun endlich das Debüt der Band erhältlich.
Sänger/Gitarrist Michael „Mischi“ Schiffmann, Bassist Andre Ruppert und Drummer Martin Matyssek standen uns im Dead End Rede und Antwort.

Metal-Aschaffenburg: Hallo, Jungs! Schön zu hören, dass eurer Debüt endlich fertig ist!

Mischi: Ja – die Lieder sind ja eigentlich schon seit September 2010 fertig. Danach hat es nur noch am Mix gelegen. Uwe Lulis (Ex-Grave Digger, Ex-Rebellion), der das Ganze produziert hat, hatte zuerst gesundheitliche Probleme und im Krankenhaus gelegen, danach hatten wir dann wieder keine Zeit. Bis man danach wieder zusammengefunden hat, hatte sich das letztendlich ziemlich verzogen.

Was wird denn auf der Scheibe zu hören sein?

Mischi: Im Endeffekt ist es das Programm, das wir live spielen. Keine Cover – nur eigene Stücke. Es sind acht Lieder geworden. Etwa eine halbe Stunde lang. Kurz und knackig im Endeffekt – was ich auch besser finde. Wir sind alle ja etwas old-school-betont und heutzutage werden so viele Tonträger gemacht, auf denen so viel drauf ist – und vieles davon verzichtbar.

Martin: Das Nirvana-Album war saukurz. Das erste Rage-Against-The-Machine-Album auch.

Reign In Blood auch.

Mischi: Früher waren die Platten allgemein kürzer. In den 80ern waren die Platten teilweise nur 25 Minuten lang.

Martin: Das Herumdrehen von der Schallplatte war so mühsam – da hat man halt nur die erste Seite bespielt. (alle lachen)

Man kann ein kürzeres Album ja auch viel schneller und besser erfassen. Wann nimmt man sich denn die Zeit und hört ein 80-Minuten-Opus intensiv an?

Mischi: Ich meine: Es ist ja schön, wenn der Fan für sein Geld etwas geboten bekommt. Andererseits hat eine Band ja immer einen gewissen Stil und wenn man auf Dauer immer diesen Stil hört, kann das auch nerven. The Bones zum Beispiel machen zwar kurze Stücke – aber davon dann 17 Stück auf einer Platte. Das wird dann auch irgendwann langweilig.

Tja – wir sind zweifelsfrei in iPod-Shuffle-Zeiten angekommen.

Andre: Die Hörgewohnheiten von vielen sind heutzutage einfach so jenseits von Gut und Böse, dass es eben in jetzigen Internet-/iPod-Zeiten immer schwerer wird, sich durchzusetzen – selbst mit einem 75-Minuten-Top-Songmaterial.
Martin: Unsere Lieder sind ja sooo gut, dass man ja schon in den ersten Minuten die volle Power mitbekommt und es gar nichts ausmacht, wenn man weiter-shuffelt.

(alle lachen)

Mischi: Ich bin aber auch der Meinung, dass das erste Lied auf einer CD superwichtig ist und den Hörer mitreißen muss. Wobei ich bei uns nicht einmal sagen würde, dass unsere beste Nummer am Anfang steht.

Andre: Wir haben uns über die Reihenfolge auch gar keine so großen Gedanken gemacht.

Mischi: Es hat halt gepasst so.

Andre: Das war ja früher bei den LPs auch so. Da musste der erste Song gut sein und dann später beim Umdrehen musste der erste Song von der zweiten Seite noch mal aufhören lassen. Das ist heutzutage auch noch oft so. Der fünfte/sechste Song muss dann noch mal richtig knallen.

Martin: Also brauchen wir eigentlich ja nur zwei gute Songs.

Manche Bands machen das ja wirklich so.
Euer Albumcover ist sehr schlicht. Der Schriftzug steht im Zentrum. Da hätte doch ein Blade-Runner-SciFi-Cover super gepasst, oder?

Martin: Das ist doch nicht Blade Runner – das ist Rocky Lewis! Blade Runner hat den ja geklaut. Uns gibt es schon länger – wir sind nur nicht so bekannt. Wir sind ja schon älter als der Film.

Stimmt! Blade Runner ja in der Zukunft. Der kommt also erst noch.

Martin: Genau – es kann ja also gar nicht…

So viel Zeit wie der Mix und das Mastering inzwischen in Anspruch genommen hat, könnt ihr doch bestimmt direkt das nächste Album anschließen, oder?

Mischi: Naja – wir sind schon dabei, neue Songs auszuarbeiten. Aber wir sind wahrscheinlich nicht so aktiv wie andere Bands. Von daher dauert es schon recht lange, bis ein Song fertig gestellt ist.

Andre: Wir wären ja auch schön blöd, wenn wir z. B. einen Auftritt absagen würden, nur weil wir warten, bis wir neues Material haben. Man muss ja live spielen.

Mischi: Wir haben ja auch alle unsere Jobs. Da kommt ja auch immer mal wieder etwas dazwischen. Und: Da unsere Songs aus Jam Sessions entstehen, dauert es eben etwas länger, bis etwas Brauchbares entsteht. Wenn sich so eine Idee herauskristallisiert, nehmen wir sie auf und schauen das nächste Mal, ob man damit noch etwas anfangen kann. Und wenn es dann immer noch gut klingt, probieren wir etwas daraus zu basteln. Manchmal funktioniert es – manchmal nicht.
Aber selbst wenn man dann auf diese Weise ein Stück fertig komponiert hat, ist es noch nicht fertig. Dann fehlt ja noch der Text, Gesangsmelodien etc.
Diese Vorgehensweise ist also nicht ganz so einfach für mich.

Und ungewöhnlich! Die meisten Bands, die ich kenne, komponieren mit Hilfe diverser Software.

Martin: Nee – wir sind ja zu alt für Computer (lacht) und Noten kann auch keiner lesen (alle lachen).

Andre: Ab und zu ist es schon so, dass Mischi schon ein Riff parat hat und dass wir die Jam Session damit beginnen. Also der Martin dann Schlagzeug darüber spielt usw.

Mischi: Nimm z. B. die erste Nummer, „This Bullet“. Die hatte ich als Blues-Nummer geplant. Beim Jam was sie ganz okay, aber nicht ganz zufriedenstellend. Martin hatte dann gesagt: Spiel es doch mal doppelt so schnell. Und das hat super funktioniert. So trägt also jeder seinen Teil dazu bei. Bei Rocky Lewis ist alles Teamwork. Es geht schon sehr demokratisch zu – jeder lässt etwas einfließen.

Andre: Man kann auch auf jeden Fall sagen, dass die Songs bei uns zu 90 % im Proberaum entstehen. Niemand setzt sich zuhause hin und schreibt alleine Songs.

Gibt es denn Ideen und Einfälle beim Jammen, bei denen ihr euch denkt: Das passt nicht zu Rocky Lewis?

Mischi: Ja – doch – schon.

Martin: Nee. Das war denn eher weil uns eine Idee nicht zugesagt hat. Wirklich unpassend war bisher noch nichts – obwohl wir aus völlig unterschiedlichen Musikrichtungen kommen.
Wenn man sich manche Lieder genau anhört, dann merkt man z. B., das ich in einem Stück einen Swing-Takt spiele – was man im Metal oder Rock sonst nicht macht. Dazu kommen noch Einflüsse von Andre und seiner Stilrichtung und Mischi mit seiner CD-Sammlung, die er im Kopf hat. Ich höre nämlich eigentlich die Musik gar nicht, die die beiden hören. Wir gehen in keine Probe und denken uns dann: Wir sind eine Stoner-Rock- oder eine Heavy-Metal-Band. Das, was auf der CD drauf ist, hat sich einfach so ergeben.

Mischi: Ich hatte eigentlich ganz am Anfang vor etwas ganz anderes zu machen: Eine 08/15 -Band (lacht). Als wir dann das erste Mal zusammen gespielt haben war klar: Rock ’n‘ Roll wird das nicht (lacht) – das wird etwas anderes…

Martin: Die Chemie hatte auf jeden Fall gestimmt. Wir sind ja alle aus dem gleichen musikalischen Kindergarten hier im Landkreis Aschaffenburg und Miltenberg aufgewachsen.

Ich finde aber gerade die unterschiedlichen musikalischen Hintergründe bei euch so spannend. Wenn man die getrennt voneinander betrachtet, würde man nie auf die Idee kommen, dass dabei so eine Musik wie die von Rocky Lewis dabei herauskommt.

Andre: Wir kennen uns halt auch schon lange. So kommt z. B. das „freakige“ Schlagzeugspiel natürlich von Martin – aber es passt gut ins Konzept.

Martin: Ich muss aber dazu sagen, dass ich sehr reduziert spiele. Auch vom Setaufbau. Ich spiele Bass, eine Snare, ’ne Tom – manchmal zwei – drei Becken. Zum richtig freakig Spielen bräuchte man eigentlich viel mehr.

Mischi: Ja, aber das, was du spielst, ist schon nicht nur alleine simpler Groove.

Martin: Ich glaube, es tut Rocky Lewis gut, dass ich nicht so viel da habe. Sonst würde ich wahrscheinlich viel verzwickter spielen und der Zuhörer würde sich schwer tun, das als groovig zu empfinden. Dadurch reduziere ich mich selbst und inzwischen macht es auch echt Spaß so zu spielen. So können wir auch auf drei Quadratmetern spielen (lacht)

Ja – genau dadurch habt ihr so einen ureigenen Sound. Mir fällt auch keine andere Band aus Aschaffenburg – aktuell oder aus der Vergangenheit – ein, die so klingt wie Rocky Lewis.

Mischi: Das freut mich!

Andre: Das nehmen wir mal als Kompliment auf!

Wenn man Rocky Lewis (Bilder) googelt, kommt man auch zwangsläufig auf eure Band. Ich habe sonst nur noch eine Bloggerin, einen Straftäter und einen Sportler gefunden. Also seid ihr auch hier ziemlich eigenständig.

Martin: Ich hatte ja anfangs den Bandnamen Longlife Milk vorgeschlagen – aber den fanden die anderen nicht so gut.

Mischi: Ja, das war ein Drama mit dem Namen. Wir haben uns deswegen schon fast wieder getrennt (lacht). Zum Schluss musste auf die Schnelle etwas her. Ich habe den Namen dann aus einer Schulung von meinem Betrieb. Eine Computer/SQL-Schulung. Da gab es Tabellen mit diversen Mitarbeiternamen und einer davon hieß Rocky Lewis. Der Name hörte sich so an, als ob er auf dem Sunset-Boulevard wohnt und neuer Rockstar wird, weil er seit drei Stunden Gitarre spielen kann. Das ist dann irgendwie hängen geblieben.

Ich hatte ursprünglich vermutet…

Mischi: …es klingt scheiße!? (lacht)

Nee: Ich dachte, dass Rocky Lewis die Mischung aus dem Punch von Rocky Balboa und dem Swing von Huey Lewis ist.

Martin: Ja – ab jetzt erzählen wir immer diese Story. Die hört sich besser an.

(alle lachen)

Wird denn das Live-Repertoire in Zukunft aussehen?

Mischi: Also, ich würde gern in Zukunft gleich einen ganzen Schwung Songs herausnehmen und dafür ein paar neue integrieren, damit die nächsten Auftritte nicht aus den gleichen Songs bestehen wie immer.

Martin: Wobei ich ja der Meinung bin, dass wir noch nicht in dieser Klemme stecken. Wir spielen ja jetzt nicht sooo viele Auftritte, dass man von der Setlist gelangweilt ist. Wir spielen höchstens alle paar Monate mal in Aschaffenburg, mal in Richtung und mal in Miltenberg. Wenn wir jetzt dreimal die Woche irgendwo spielen würden, dann würd ich mir auch mehr Abwechslung wünschen – aber momentan stellt sich dieses Problem für mich nicht. Wir komponieren ja auch neue Lieder, also müssen uns dahingehend wirklich keine Gedanken machen. Wir haben ja auch noch kein Plattenlabel – sonst hätten wir ja vielleicht den Druck, alle drei Monate eine Platte machen zu müssen…

Für wen macht man denn inzwischen eine CD?

Mischi: In erster Linie für sich selbst und um sich bewerben zu können. Das schöne bei dieser CD ist ja, dass sie live eingespielt ist. Wir waren zweimal im Studio. Einmal für drei, einmal für fünf Lieder. Jeweils für ein paar Stunden. Es ist also genau so, wie es dann auch live rüberkommt.

Lohnt sich dafür noch der Weg ins Studio? Gab es die Überlegung alles komplett zuhause aufzunehmen?

Martin: Also, wenn man mal die Chance hat, mit Uwe Lulis zusammenzuarbeiten… In einem Profi-Studio, bei einem professionellen Musiker etwas aufzunehmen – dann stellt sich die Frage eigentlich gar nicht.

Mischi: Man wollte ja auch wissen: Wie findet er die Mucke eigentlich? Uwe hat auch viel Input beim Sound gebracht. Man merkt halt, dass er viel Ahnung und Spaß bei der Sache hat und dadurch bei der Aufnahme viel helfen kann.

Andre: Er hat auch von Anfang an den Druck von dir weggenommen. Normal hat man im Studio ja kein Lampenfieber. Aber ich glaube, ich hatte beim Reinlaufen ins Studio mehr Lampenfieber als vor jedem Auftritt. Und da hat Uwe wirklich geholfen.

Martin: Es motiviert ja auch im Studio zu spielen und nicht in irgendeinem Keller. Zwischen den hunderten Backstage-Ausweisen bekommt man dann auch Lust nicht mehr zur Arbeit zu gehen und einfach für immer in diesem Bunker zu sitzen und zu spielen. (lacht)

Es gibt ja die eine Fraktion Musiker, die sich tatsächlich wochenlang im Studio und hinter ihrem Equipment verbarrikadieren kann und Technik wie Spieltechnik für das A und O eines Musikers hält. Und es gibt Musiker, denen es wichtiger ist mit Gefühl zu spielen. Zu welcher Gruppe gehört ihr?

Andre: Also sagen wir mal so: Ein saugeiles Equipment plus eine brillante Technik. Das ist das Nonplusultra. Hab‘ ich aber nicht (lacht) – also mach ich das mit dem, womit ich zurechtkomme. Cronos von Venom hat mal gesagt: Ich bin nicht der Techniker am Bass – wobei er das niemandem erklären hätte müssen – aber gebt irgendeinem Top-Bassisten meinen Bass in die Hand und lasst ihn mal das herausholen, was ich schaffe. Und genau das ist es!
Ein paar grundlegende Sachen muss man natürlich haben, sonst kann man nichts aufnehmen. Aber wichtig sind vor allem Spaß an der Musik und gute Songs!
Gerade aus dem Metal-Bereich gibt es so viele talentierte Musiker, denen man in 100 Jahren nichts vormacht – und dann bringen die nur langweiligen Mist raus – so wie z. B. bei der letzten Queensryche. Was nützt die brillanteste Technik, wenn ich keinen vernünftigen Song zustande bekomme?

Martin: Man kann ja schon brillant spielen – aber ich persönlich will auch keine Musiker-Musik machen. Musik, bei der die Musiker-Polizei im Publikum steht und rätselt: Wie hat er das denn jetzt gespielt?
Ich will Musik machen, bei der ich, wenn ich im Publikum stehen würde, Spaß dran haben würde.
Ich hätte schon gerne ein D&W-Set für zigtausend Euros. Aber wenn man dann auf dem Tsukahara-Festival spielt, braucht man so was nicht. Dafür reicht das, was ich habe.

Mischi: Es gibt Bands, die leben davon, dass sie technisch souverän sind. Dream Theater zum Beispiel. Wir sind nicht die Techniker und versuchen mit Groove und Herzenssache an die Sache heran zu gehen.
Das Schönste, was uns passieren kann, ist, dass nach einem Konzert jemand sagt: Hey – das ist cool, die machen eigene Musik – das gefällt mir.
Klar hat man manchmal Ideen, die sich nach irgendeiner anderen Band anhören – aber vielleicht entsteht durch die Mischung eben etwas ganz Neues.

Martin: Manchmal bremst das auch. Denn die anderen beiden haben jede CD der letzten 40 Jahre in ihrem Kopf. Wenn man dann mal ’ne Idee hat, heißt es oft: Hey – das ist dies und jenes. (lacht)

Jiheads“ klingt für mich z. B. voll nach einem Helmet-Riff.

Mischi: (lacht) Haha, das ist so geil, denn Helmet kenn ich so gut wie gar nicht (lacht).

Egal – es zählt eben, was herauskommt! Und im Falle von Rocky Lewis ist das eben eigenständiger, abwechslungsreicher Rock wie er in Aschaffenburg seinesgleichen sucht.
Danke für das Interview!

(mk)

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