Queens Of Metal 2012

Verfasst am 29. Juli 2012 von Mathias Anthes (Kategorie: Festival-Rezensionen) — 6.850 views

19.-21.07.2012 – Naturtheater Steinbach-Langenbach

2009 fand das Queens Of Metal vorerst zuletzt statt, da die Rasenfläche in Kleinwenkheim wieder der Agrarwirtschaft dienen sollte. Nach zweijähriger Suche nach einem neuen Veranstaltungsort stieß man auf das Naturtheater in Steinbach, welches die Idee eines Metal-Festivals mit offenen Armen empfing. Die Beschilderung Richtung Festival war entweder nicht ausreichend oder unsere gesamte Dreiergruppe war zu blind/blöd sie zu sehen, weshalb wir nicht auf dem Campinggelände ankamen, sondern mit unserem Auto hinter dem obersten Tribünenrang standen – dort, wo eigentlich niemals ein Privat-PKW sein sollte. Nachdem die Ordner uns (zu Recht) dumm angeguckt hatten, wurden wir freundlich Richtung Zeltplatz geleitet. Von dort aus hatte man einen traumhaften Blick auf den Thüringer Wald und man lief circa fünf bis zehn Minuten zum eigentlichen Festivalgelände – an und für sich nicht schlimm, doch die Veranstalter sind bereits bemüht, bis spätestens 2014 einen Zeltplatz zu organisieren, der noch näher an der Bühne liegt.


„Zelten am PKW“ hatte ich offenbar etwas missverstanden, Zeltgelände und Parkplatz waren zwar direkt nebeneinander, aber trotzdem getrennt (zum Einladen bei der Abreise durfte man aber auf den Zeltplatz fahren). Die Parkformation war streng geregelt, was zur Folge hatte, dass jedes Fahrzeug jederzeit völlig problemlos losfahren konnte; etwas, das andere Festivals noch zu meistern lernen müssen (Wacken, ich sehe in deine Richtung). Ebenfalls vorbildlich war die Versorgung: Am Eingang des Zeltplatzes standen zwei Stände, an denen es jeden Morgen frisches Rührei, Pizza, belegte Brötchen, Kuchen und vieles mehr zu vernünftigen Preisen (Rührei mit Brötchen und Kaffee für 3,50 €) gab.
Direkt an den Zeltplatz angrenzend lag der Ortseingang, weshalb nach 22 Uhr keine Generatoren und keine laute Musik mehr laufen durften; wer feiern wollte, konnte jederzeit ins Partyzelt auf dem Festivalgelände. Selbstverständlich wollten sich einige wenige Vollidioten nicht an diese einfache Regel halten, doch im Großen und Ganzen gab es keinen Grund zur Beschwerde.

 

 

 

 

 

 

 

Das Theater ist zusammen mit dem Platz des ehemaligen Up From The Ground das schönste Festivalgelände, das ich bisher gesehen habe. Die Bühne ist vollkommen von Wald umschlossen und bot neben einem relativ großen Stehbereich auch sehr viele Ränge zum Sitzen; etwas, dass ich vorher nie bei einem Festival vermisst habe, aber nun gerade zum Essen sehr zu schätzen gelernt habe. Die kulinarische Versorgung war abwechslungsreich (Steak- und Leberkäsebrötchen, Backfisch, Bratwurst, Pommes Frites, etc.) und genau wie auf dem Zeltplatz nicht zu teuer (Leberkäsebrötchen 2 €, Steakbrötchen 3,50 €, 0,5 l Bier 2,50 €). Zudem gab es eine Anlage mit vielen Spültoiletten, was vielen Besuchern buchstäblich Erleichterung brachte. Einziger Kritikpunkt: Die Abdeckung des Orchestergrabens war nicht bündig mit dem Boden, über die Kanten sind sehr viele Besucher gestolpert (ein einfacher Lichtschlauch zur Markierung könnte hier schon Abhilfe schaffen). Die Akustik war durchgehend sehr gut, sowohl im Stehbereich als auch auf den vorderen Rängen (ganz oben habe ich nicht gesessen, weshalb ich dazu nichts sagen kann) und auch die Umbaupausen zwischen den Auftritten verliefen immer sehr flott. Besonders dass alle Schlagzeuge auf Rollbühnen aufgebaut waren, die in wenigen Sekunden weggeschoben werden konnten, hat den gesamten Prozess stark verkürzt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Freitag, 20.07.2012

J.B.O. (22:00 – 23:30)
Eigentlich hatte ich kein Interesse an J.B.O., dennoch war ihr Auftritt recht unterhaltsam. Wie gewohnt war die Kommunikation zwischen Band und Publikum mannigfaltig und auch die beiden Hintergrundtänzer, die für jeden Song in andere Kostüme geschlüpft sind, trugen zum Spaßfaktor bei. Der Höhepunkt war wohl, als Sänger Vito aus dem Publikum einen (passend zur Band pinken) Vibrator gereicht bekam, mit dem er die Saiten seiner Gitarren stimulierte; durch regulieren der Vibrationsgeschwindigkeit hat er so ein recht interessantes Solo spielen können – wer hätte das gedacht? Die Erlangener haben alle ihre Spaßkanonen aufgefahren und sich mit Sicherheit neue Fans erspielt.

Powerwolf (00:00 – 01:20)
Die für mich (neben Retaliation, die ich leider verpasst habe) einzige Band am Freitag, die ich wirklich sehen wollte. Um die „Night Of The Wolfpack“ einzuleiten, wurde für ihren Auftritt eine Pyroshow angekündigt. Zwar waren es „nur“ Feuersäulen, doch toll anzusehen war es trotzdem (ich hatte nur etwas mehr Abwechslung erwartet). Das Wichtigste waren aber selbstverständlich Sänger Attila Dorn und seine Gefolgschaft, die mit Songs wie „Dead Boys Don’t Cry“, „We Drink Your Blood“, „Resurrection By Errection“ oder „Sanctified With Dynamite“ die bereits großartige Stimmung weiter anheizten. Die äußerst sympathischen Ansagen des rumänischen Frontmannes kamen sehr gut an und völlig zu Recht bekammen Powerwolf am Ende ihres Auftrittes einen riesigen Applaus.

Samstag, 21.07.2012

Dark Age (15:00 – 15:30)
Das alte Leid: Die Hamburger Melodic-Deather kriegen mal wieder viel zu wenig Spielzeit, obwohl sie schon seit Jahren von den Fans gewünscht waren. Anhand der Reaktionen der Zuschauer konnte man erkennen, dass ihre Songs wie „10 Steps To Nausea“, „Minus Exitus“ oder „Zeitgeist – Ghost In A Machine-“ großen Anklang fanden. Die Band wirkte trotz der kurzen Zeit auf der Bühne sehr glücklich, dennoch bin ich der Meinung, dass sie mindestens die doppelte Speilzeit verdient hätten. Vielleicht beim nächsten Mal…

Dew-Scented (15:45 – 16:30)
Etwas mehr Zeit bekamen das Quintett aus Niedersachsen, die nicht viel von großartigen Melodiebögen halten und stattdessen lieber Kleinholz machen. Souverän wie eh und je knüppelten sie sich durch ihre Diskographie mit Stücken wie „That’s Why I Despise You“, „Arise From Decay“ und „Cities Of The Dead“, aber besondere Aufmerksamkeit sollte ihrem neuen Album „Icarus“ gelten, das zwar offiziell erst am 30.07. erschien, aber trotzdem bereits auf dem Festival gekauft werden konnte. Das Queens Of Metal war quasi die Feuertaufe der neuen Scheibe, und sie wurde mit Bravour bestanden.

Milking The Goatmachine (17:50 – 18:40)
Man muss sie einfach lieben, die Jungs Ziegen aus Goat E Borg. Wer sie noch nicht kannte, wird sie niemals wieder vergessen, denn Lieder wie „Milk Me Up Before I Go Go“, „Human Domestication“, „Here Comes Uncle Wolf“, „More Humour Than Human“ und „Surf Goataragua“ bleiben einfach im Gedächtnis hängen, ob man will oder nicht. Den zufriedenen Gesichtern im Publikum nach zu urteilen wollten aber die meisten diesen Auftritt nicht vergessen.

Grave Digger (19:00 – 20:00)
Grave Digger muss man wohl niemandem mehr vorstellen, schließlich mischen sie schon seit über 30 Jahren die Szene auf. Für viele waren sie eine Art Verschnaufpause, der kultige Heavy Metal war eine Wohltat für die Ohren nach stundenlangem Death- und Thrash-Geballer. Die meisten Fans sangen mit, und zwar bei allen Songs, nicht nur bei den legendären Stücken wie „Rebellion“ oder „Heavy Metal Breakdown“. Die beliebten Gladbecker gaben ihr Bestes und konnten wohl so ziemlich jeden vor der Bühne zufriedenstellen. Immer wieder ein Vergnügen!

Exodus (20:20 – 21:30)
Für viele bereits der Headliner: Die Legende des Bay-Area-Thrash. Nicht nur die Fans freuten sich über den Auftritt, auch Sänger Rob Dukes war froh, dass so viele Metalheads nach „the middle of fucking nowhere“ gekommen sind, um ihnen beizuwohnen. Endlich konnte sich die Menge richtig austoben, mehrere Circle/Mosh Pits und eine Wall Of Death wurden gestartet, um „Last Act Of Defiance“, „War Is My Shepherd“, „A Lesson In Violence“, „And Then They Were None“ und weitere Kracher abzufeiern.

PAIN (22:20 – 23:30)
Einer der Hauptgründe für mich ins tiefste Thüringen zu gurken waren Peter Tägtgren und seine Zweitband; also ging’s direkt in die Mitte der ersten Reihe, genau vor das musikalische Genie. Die Akustik fand ich dort etwas suboptimal, die elektronischen Melodien konnte man anfangs nur schwer hören, aber im Verlauf des Auftrittes besserte sich das. Selbst die Zwangsjacke konnte das Superhirn aus Schweden nicht stoppen und die Band feuerte das Publikum pausenlos an, Lieder wie „The Great Pretender“, „Walking On Glass“, „Nailed To The Ground“, „Dirty Woman“, „End Of The Line“ oder „On And On“ eignen sich dazu aber auch perfekt. „Shut Your Mouth“ ist normalerweise schon in der Standardversion ein Favorit der Zuhörer, doch dieses Mal stieß Rob von Exodus plötzlich dazu und sang die zweite Strophe sowie den Kehrvers – fantastisch! Alles in allem ein großartiger Auftritt, der Lust auf mehr machte.

 

 

 

 

Das Queens Of Metal hat einen erstklassigen Eindruck hinterlassen und könnte fast mein Lieblingsfestival werden – wenn es da nicht ein großes Problem gebe: Die Veranstalter haben bekannt gegeben, dass sie die Kosten nicht mal ansatzweise decken konnten und die Zukunft des Festivals somit in den Sternen steht. Sehr schade, da auch das Eisenwahn 2013 zum letzten Mal stattfinden wird und somit immer mehr kleine Festivals sterben. Sollte es doch noch zu einem Wunder kommen und das QOM in Zukunft weiter stattfinden, kann ich es jedem bedenkenlos empfehlen! (ma)

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