Verfasst am 20. Mai 2009 von motorbreath (Kategorie: CD-Rezensionen) — 1.725 views

Nachtgeschrei - Am Rande der WeltNachtgeschrei – „Am Rande der Welt

Ausflug in vergangene Zeiten


Bei diesem einschlägigen Bandnamen und dem dazugehörigen Albumtitel ist es wohl vorprogrammiert, dass so manch einem erst einmal Gedanken durch den Kopf schießen, die in etwa so klingen: „Das ist doch schon ein dutzend mal da gewesen!“, oder „wieder ein Abklatsch von bekannten Größen, den die Welt des Mittelalterrock nicht braucht!“.

Wahrscheinlich erwartet man brettharten Einheitsbrei und das übliche Gedudel des altbewährten Dudelsacks, zusammen mit dem Geschrammel der E-Gitarren.

Doch wenn man die CD dann in das Wiedergabegerät seiner Wahl einführt, werden die Vorurteile und negativen Gedankengänge vorerst enttäuscht und der Zuhörer wird von einem melodischen und melancholischen Intro überrascht, dass zum großen Teil von Akustik Gitarren getragen wird und einen dann nach und nach ganz sanft in härtere Gefilde der Mittelaltermusik entführt, indem ein getragenes Schlagzeug und die übliche E-Gitarre das Stück immer mehr komplettieren.

Nach dem gesanglosen Intro, das den Zuhörer sogleich richtig in Stimmung versetzt hat, geht es dann auch sofort los und man befindet sich inmitten der musikalisch erzählten Welt von Nachtgeschrei.

Schon nach der ersten Minute des zweiten Titels, mit dem seltsam klingenden Namen „Muspilli“, werden die Stärken der Band klar ersichtlich: Refrains aus eingängigen Melodien und einfachen Mitsingtexten die dem Zuhörer sofort ins Ohr gehen!

Mit dem dritten Song „Herz aus Stein“ werden dann aber auch gleich die Schwächen aufgezeigt: wenig Variation in der Machart der Lieder! Hört man nicht richtig hin, könnte man zuweilen glauben, man hat denselben Titel grade zweimal gehört!

Erst wieder der vierte Titel „Fernweh“ lässt die vorhersehbaren Enttäuschungen wieder ein wenig verebben und überzeugt, wie die meisten anderen Titel auch, mit zeitgemäßen Texten, die sich nicht um edle Jungfrauen oder tapfere Ritter drehen, sondern allgemeine Themen behandeln, wie die Suche nach oder auch Zweifel an dem eigenen Selbst.

Hier kommt die Stimme des Sängers Hotti gut zum Einsatz, die man zwar nicht gerade mit „perfekt ausgebildet“ betiteln könnte, dennoch passt die Stimme gut zu den Texten und dem Ambiente des Albums und viele der gesungenen Passagen haben durchaus einen bescheidenen und charaktervollen Charme und zeigen einen großen Fortschritt, verglichen mit früheren Veröffentlichungen.

Auch die öfter mal wiederkehrende Akustik Gitarre lockert den teils einheitlichen Ablauf des Albums immer wieder auf und hebt die Band so ein kleines Stück davon ab, sich wie zuvor erahnt, in die gesichtslose Ansammlung der vielen aufstrebenden Mittelalterbands einzureihen.

Hat man das Album schließlich vom ersten bis zum letzten Titel durchgehört, präsentiert sich dann ein manchmal zwar durchwachsenes, aber in seiner Gesamtheit doch durchaus überzeugendes Produkt.

Zwischen vereinzelten schwächeren Titeln, wie „Der Totmacher“, reihen sich ein paar echt hörbare und qualitativ nicht zu verachtende Werke, wie vor allem der schnelle Titel „Windfahrt“ und der folklastige Titel „Lauf!“, die dem Hörer gleich ins Ohr gehen und ihn zuweilen auch mitreißen können.

Ein paar genretypischen Baustellen gibt es ohne Zweifel, doch kann sich Nachtgeschrei durchaus von andere Newcomerbands der Szene abheben und muss auch den direkten Vergleich zu den bekannten Vorbildern nicht unbedingt scheuen!

Wird sich der qualitative Sprung zum nächsten Albumrelease so umfangreich gestalten wie der vom Vorgänger bis zum aktuellen Album, dann könnte sich Nachtgeschrei durchaus in die Höhen der bekannten Mittelaltergrößen aufschwingen und sich einen Platz an der reich gedeckten Tafel der hart umkämpften Mittelalterszene sichern!

Dieses Review wurde von unserer Gast-Rezensentin Janni Ostoike verfasst.

Genre: Moderner Mittelalterrock
Herkunft: Deutschland
Label: Massacre Records

Veröffentlichungsdatum: 20.03.2009

Tracklist

  1. Fiur
  2. Muspilli
  3. Herz aus Stein
  4. Fernweh
  5. Niob
  6. Lauf
  7. Windfahrt
  8. Nur ein kleines Stück vom Himmel
  9. Wahrheit
  10. Der Totmacher
  11. Glut in euren Augen

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